Ausgewählte Werke

Aus Staatspolitisches Handbuch im Netz
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Ausgewählte Werke in drei Bänden. H. L. Mencken, 3 Bde., Waltrop/Leipzig: Manuscriptum 1999–2002.
1. Kulturkritische Schriften 1918–1926 (1999); 2. Autobiographisches 1930– 1948 (2000). 3. Kommentare und Kolumnen 1909–1935 (2002).

In der Geschichte des geistigen und publizistischen Widerstands gegen den Konformismus und die Geistlosigkeit der modernen Massengesellschaft kommt dem amerikanischen Journalisten und Nietzscheaner Henry Louis Mencken eine besondere Rolle zu. In seinen oft scharfzüngigen und rhetorisch brillanten Schriften teilte er nach allen Richtungen aus, ließ sich selbst von keiner Partei vereinnahmen und mußte aufgrund seiner Sympathien für Deutschland und die deutsche Sprache vor allem während des Ersten und Zweiten Weltkrieges immer wieder Kritik über sich ergehen lassen.

»Ein Politiker, wie jeder Kenner der Ochlokratie weiß, ist nicht jemand, der dem Stimmvieh neue Ideen nahe bringen will, sondern jemand, der die bereits vorhandenen Vorstellungen wachkitzelt und sich die dabei entstehenden Gefühlsenergien zunutze macht.«

Das Werk Menckens besteht aus zahllosen journalistischen und literaturkritischen Arbeiten, ausgedehnten Essays zu den verschiedensten Themen und mehreren autobiographischen Schriften sowie Tagebüchern. Die deutsche Ausgabe präsentiert eine umfassende Auswahl dieser Texte, die durch ihren glänzenden Stil beeindrucken und den Geist der Freiheit atmen.

Menckens skeptische Grundhaltung erstreckte sich auch auf die Demokratie, die er als eine Form der Theologie sieht, welche die ewigen Stigmata zeigt. Mencken charakterisiert in seinem »Demokratenspiegel «, einer Art Anthropologie und Psychologie der Demokratie, diese Theologie der Demokratie folgendermaßen: »Wenn man sie mit unbequemen Tatsachen konfrontiert, versucht sie unweigerlich, sie aus der Welt zu schaffen, indem sie an die höchsten Gefühle des menschlichen Herzens appelliert.« Ein Gegner der Demokratie, so Mencken weiter, irre sich nicht nur, sondern ist auch böse, »und je überzeugender er ist, desto böser wird er«. Die Demokraten sind instinktmäßige Fundamentalisten, obwohl sie sich selbst als Vertreter eines abgeklärten Skeptizismus betrachten. So bestreiten die Demokraten nach Mencken z.B., daß es Intelligenzunterschiede zwischen Menschen gibt, ohne sich dabei jedoch auf Tatsachen beziehen zu können. Die Einwände des Demokraten dagegen haben metaphysischen Charakter und enthalten willkürliche und transzendentale Annahmen über das, was wahr sein soll und was nicht. Für Mencken dagegen hatten die verrufenen Intelligenztests gezeigt, daß sich die Menschen innerhalb ihrer Köpfe ebenso unterscheiden wie außerhalb.

Vor diesem Hintergrund wird Menckens Bedauern darüber verständlich, daß es in den USA keine kultivierte Aristokratie in einer gesicherten Position gab, die mit intelligenter Neugierde ausgestattet und der Sentimentalität des Mobs überlegen gewesen wäre, allen leichtfertigen Verallgemeinerungen skeptisch gegenübergestanden und am Kampf der Ideen um ihrer selbst willen Freude gehabt hätte.

Mencken war ein entschiedener Gegner des amerikanischen Puritanismus; seine Abscheu gegen Sittlichkeitskreuzzüge aller Art basierte auf einer realistischen Anthropologie, der alle Versuche, das Volk gewaltsam bessern zu wollen, als Dummheit erscheinen mußten. Mencken betonte dagegen den Wert der Fähigkeit, »ein Problem für unlösbar halten zu können«, was in der modernen Demokratie jedoch als suspekt gilt. Er war ein Verfechter persönlicher Freiheit – Freiheit aber ist nicht ohne Mut denkbar, sie bedeutet Selbstvertrauen und die Fähigkeit, entbehren zu können. Freiheit ist etwas anderes als Sicherheit; denn Freiheit ist auch mit Schmerzen verbunden. Zahlreiche Phänomene auch in den »freien Staaten« können im Lichte dieser Einsicht besser verstanden werden: »Es zeigt sich, daß die große Masse der Menschen, obwohl sie der Theorie nach frei ist, sich widerstandslos der Unterdrückung und Ausbeutung auf hundert verschiedene, durchweg abstoßende Arten fügt.«

Mencken ist nicht so sehr wegen seiner spezifischen, teils sehr zeitbezogenen und daher in mancher Hinsicht überholten Positionen bedeutsam, sondern wegen eines Denk- und Schreibstils der Kritik, wegen einer geistigen Haltung, die sich gegen jede Form der Kleingeistigkeit und Beschränktheit richtete. Diese geistige Haltung eines Schriftstellers wie Mencken, der nicht so leicht auf einen Begriff zu bringen ist, bleibt vorbildlich, auch und gerade weil seine Stärke in der Kritik lag: Sein Geschäft sei nicht die Prognose, sondern die Diagnose; er befasse sich nicht mit Therapeutik, sondern mit Pathologie. Mencken ist also ein Autor, der als Analytiker der Lage sehen wollte, was ist.

Ausgabe

  • Prejudices. First, Second, and Third Series, New York: Library of America 2010.

Literatur

  • Mary Elizabeth Rodgers: The American Iconoclast. The Life and Times of the Bad Boy of Baltimore, New York 2006.
  • Terry Teachout: The Skeptic. A Life of H. L. Mencken, New York 2002.
  • William H. A. Williams: H. L. Mencken Revisited, New York 1998.
Der Artikel wurde von Till Kinzel verfaßt.