Wert: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 21. September 2016, 19:18 Uhr
Wert bezeichnet zuerst ein Etwas, das als lebensdienlich und als wertvoll betrachtet wird, weil eine entsprechende Orientierung meiner Handlungen zum Guten führt. Die Auffassungen darüber, was einen Wert in diesem Sinn hat, variieren, sind aber nicht beliebig.
»Man hat oder hat nicht den Sinn für die Hierarchie der Werte, und alle Diskussion mit denen, die diese Hierarchie verneinen, ist unmöglich.«
Jedenfalls läßt sich bei interkulturellen Vergleichen ein gewisser Kanon von Werten erkennen, der im Prinzip von allen Menschen geteilt wird: etwa der Grundsatz wechselseitiger Hilfe, der Familiensolidarität, der Ehrlichkeit und so weiter. Allerdings gibt es schon keine gemeinsame Vorstellung über die Reichweite und den Verpflichtungsgrad solcher Werte und auch nicht über die Hierarchie der Werte. Häufig werden sie nur auf die eigene Gruppe bezogen, bloß ausnahmsweise auf die Menschheit an sich. Die Wertvorstellungen des Christentums stellen diesbezüglich eine Ausnahme von der Regel dar.
»Jeder Wert hat – wenn er einmal Macht gewonnen hat über eine Person – die Tendenz, sich zum alleinigen Tyrannen des ganzen menschlichen Ethos aufzuwerfen, und zwar auf Kosten anderer Werte, auch solcher, die ihm nicht diametral entgegengesetzt sind. Die Tendenz haftet zwar nicht den Werten als solchen in ihrer idealen Seinssphäre an, wohl aber als bestimmenden (oder seligierenden) Mächten im menschlichen Wertgefühl.«
Es ist angesichts dieser Sachlage verständlich, daß viele Konservative sich als Bewahrer und Verteidiger von Werten verstehen. Damit ist allerdings regelmäßig das Mißverständnis verknüpft, als ob Werte an sich bestehen könnten, entweder weil sie für das Überleben unabdingbar sind, weil ihre Bedeutung jedem unmittelbar einleuchtet oder sie sich zwingend aus einer bestimmten, offenbarten Lehre ableiten lassen. Diese Auffassungen sind naiv, und der Begriff des »Wertkonservativen« ist bezeichnenderweise eine Erfindung der Linken. Maßgeblich für die Rechte ist die Verknüpfung der Wertgeltung mit bestimmten Institutionen, die für die Erhaltung und Umsetzung bestimmter Werte geschaffen wurden, da eine hierauf bezogene »Treuepflicht« (Arnold Gehlen) überhaupt nur so zu sichern ist.
Es ist außerdem auf jene vor allem in der Moderne spürbare »Tyrannei der Werte« (Nicolai Hartmann) hinzuweisen, die Carl Schmitt im Bereich des Politischen aus der Tendenz erklärt hat, den Höchstwert absolut zu setzen und in seinem Namen gegen jeden niedriger eingestuften vorzugehen, wobei dieser zwangsläufig zum »Unwert« werde und alle Legitimität verliere. Diese notwendig polemische Orientierung mache die Bezugnahme auf Werte problematisch, lasse jedenfalls leichter die totale Abwertung des Feindes zu als die alte, von der Zweck-Mittel-Relation bestimmte Vorstellung von der moralisch richtigen Ausrichtung des Handelns.
Literatur
- Arnold Gehlen: Moral und Hypermoral [1969], zuletzt Frankfurt a. M. 2004.
- Nicolai Hartmann: Ethik [1926], zuletzt Berlin 1962.
- Karl Jaspers: Psychologie der Weltanschauungen [1919], zuletzt München 1994.
- Carl Schmitt, Eberhard Jüngel und Sepp Schelz: Die Tyrannei der Werte, Hamburg 1979.
- Robert Spaemann: Moralische Grundbegriffe [1982], zuletzt München 2004.