Partei
Partei kommt vom lateinischen pars – »der Teil« – und bezeichnet eine Organisation, die sich zum Zweck politischer Interessenvertretung gebildet hat. Die Gründe dafür können ethnische, ökonomische, ständische, konfessionelle oder weltanschauliche sein. Informelle Parteien gibt es wahrscheinlich solange es Politik gibt, also im Grunde seitdem der Mensch existiert, aber erst in komplexen Gesellschaftsordnungen bestand die Notwendigkeit zu strikterer Zusammenfassung. Dieses Phänomen ist schon an den »Zirkusparteien« der Spätantike zu beobachten, dann an den Gefolgschaften von Prätendenten im Mittelalter, kirchlichen Parteien im Zeitalter der Reformation und erst recht an den Parteien, die sich im modernen Europa nach Maßgabe säkularer Weltanschauungen ausbildeten.
»Ohne Organisation ist die Demokratie nicht denkbar. Erst die Organisation gibt der Masse Konsistenz.«
Auch hier hat man mit einem längeren Entwicklungsprozeß zu rechnen, der von eher lockeren Fraktions- und Clubbildungen in den Parlamenten über die erste Erfassung von Mitgliedschaften auf dem flachen Land durch die – religiöse oder ideologische – Fundamentalopposition bis zur Bildung moderner Massenparteien am Ende des 19. Jahrhunderts reichte. Solche riesenhaften Organisationen waren außerordentlich heterogen, da unter den Bedingungen der Demokratie immer breitere Bevölkerungsgruppen erfaßt werden mußten, um bei Wahlen eine Mehrheit zu gewinnen. »Omnibus-«, »Catch all-« oder »Volksparteien« entstanden zuerst in den USA und führten dort zu einer grundlegenden Veränderung der Innenpolitik, die sich mit einer gewissen Verzögerung in allen modernen Staaten vollzog.
»Das Parteiensystem ist ja eine sinnreiche Erfindung, um den die Demokratie legitimierenden Volkswillen auf die Entscheidungsebene zu »transportieren«, aber zugleich dafür zu sorgen, daß er dort, falls dies geboten erscheint, nicht ankommt.«
Das gilt, obwohl die etablierten Kräfte für gewöhnlich eine Reserve gegenüber dem notwendigen Parteibetrieb und dem Aufstieg von berufsmäßigen Parteifunktionären pflegten. Nichtsdestotrotz erwiesen sich Aufbau und Erhalt von Parteien als unumgänglich. Das gilt auch, obwohl in der Krise der Demokratie nach dem Ende des Ersten Weltkrieges Einheitsparteien entstanden, die von sich behaupteten, gar nicht P., sondern das Ganze zu sein, alle Gegensätze zu vereinen und die Existenz anderer Parteien überflüssig zu machen. Selbst wenn es ihnen gelang, Einparteienstaaten zu etablieren – wie etwa die kommunistische Sowjetunion, das faschistische Italien oder das nationalsozialistische Deutschland –, war dieses Versprechen nicht einzulösen. Selbstverständlich bildeten sich, wenn auch in der Illegalität, sofort eine oder mehrere Gegenparteien, die der Staatspartei ihren Anspruch streitig machten.
Kann man aus diesem Sachverhalt auf die Unumgänglichkeit eines Mehrparteiensystems in entwickelten Gesellschaften schließen, so bleiben doch gewisse Züge des Parteiwesens ausgesprochen problematisch. Das gilt vor allem für die Neigung der in Wahlen siegreichen Parteien, den Staat zur »Beute« zu machen, das heißt alle ihr zugänglichen Positionen an Parteigänger zu übertragen, und das gilt auch für die konstitutive Unsachlichkeit der Parteien im Umgang mit Sachproblemen, die angesichts ihrer Neigung, das Parteiwohl über das Staatswohl zu stellen, bis zur Existenzbedrohung für das Gemeinwesen führen kann.
Literatur
- Hans Herbert von Arnim: Das System, Rottenburg 2006.
- Hans Herbert von Arnim: Die Deutschlandakte, München 2008.
- Robert Michels: Zur Soziologie des Parteiwesens [1911], zuletzt Stuttgart 1989.
- Peter Richard Rohden (Hrsg.): Demokratie und Partei, Wien 1932.
- Caspar von Schrenck-Notzing: Abschied vom Parteienstaat, Asendorf 1988.