James Burnham

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Burnham, James,
geb. 22. November 1905 Chicago,
gest. 28. Juli 1987 Kent (Connecticut).

Burnham war bis in die sechziger Jahre einer der umstrittensten Deuter der Weltpolitik, der sich vor allem durch seine kühle, unbeteiligte Art der Betrachtung auszeichnete. Nach dem Studium, u. a. in Princeton, lehrte er seit 1929 an der New York University und war dort von 1932 bis 1954 Professor für Philosophie. In dieser Zeit erschienen auch seine wichtigsten Bücher. Später arbeitete er für die 1955 gegründete National Review als Kolumnist und war als Politikberater tätig.

Burnham bekannte sich zunächst als Trotzkist und gab verschiedene Zeitschriften dieser Richtung (u. a. The New International) heraus. Anfang des Jahres 1940 verabschiedete er sich vom Kommunismus, als er dessen totalitäre Natur hinter der idealistischen Fassade erkannte, hielt aber weiterhin an einigen marxistischen Lehrsätzen fest. Er fand zunächst Anschluß an die Linksliberalen und war u. a. Mitherausgeber der Avantgarde-Zeitschrift Partisan Review. Von diesen mußte er sich trennen, als er über die sogenannte McCarthy-Epoche zu einem abweichenden Urteil kam und McCarthys These von der kommunistischen Unterwanderung für zumindest teilweise plausibel hielt.

»Politische Freiheit ist die Resultante ungelöster Konflikte innerhalb der verschiedenen Schichten der Elite. Das Vorhandensein dieser Konflikte wiederum ist mit dem Zusammenspiel verschiedener sozialer Kräfte verbunden, die wenigstens einen nicht unbeträchtlichen Grad von Unabhängigkeit aufrechterhalten. Die Zukunft der Freiheit wird also von dem Maß abhängen, wieweit – zufällig oder nach einem willkürlichen Plan – die Gesellschaft davor bewahrt wird, in sich zu erstarren.«

Bekannt wurde Burnham mit seinem Buch Das Regime der Manager, das zunächst von zehn Verlagen abgelehnt worden war. Er sieht in der Gegenwart (1940; das Buch erschien dann 1941) eine sozialrevolutionäre Epoche, den Übergang von einem Gesellschaftstyp zu einem anderen, die er »Revolution der Manager« nennt. Burnham geht dabei positivistisch vor und will lediglich eine beschreibende Theorie entwickeln, die sich jedes Werturteils enthält. Manager sind »Administratoren, Experten, leitende Ingenieure, Produktionsleiter, Propagandaspezialisten und Technokraten«. Ihr Tätigkeitsfeld ist das Planen, Überwachen und Zusammenfügen der gesellschaftlichen Prozesse.

Er stellt seiner Theorie zum Vergleich zwei andere Annahmen gegenüber: die, daß der Kapitalismus ewig besteht, und die, daß der Sozialismus den Kapitalismus ablöst. Beide verwirft er zugunsten seiner Managertheorie. Daß der Sozialismus nicht siegen werde, war damals eine gerngehörte Aussage, die heute als bewiesen gelten kann. Interessanter ist daEr stellt seiner Theorie zum Vergleich zwei andere Annahmen gegenüber: die, daß der Kapitalismus ewig besteht, und die, daß der Sozialismus den Kapitalismus ablöst. Beide verwirft er zugunsten seiner Managertheorie. Daß der Sozialismus nicht siegen werde, war damals eine gerngehörte Aussage, die heute als bewiesen gelten kann. Interessanter ist daher seine Auffassung vom Kapitalismus, dem er den Totenschein ausstellte. Massenarbeitslosigkeit, wiederkehrende Wirtschaftskrisen, Verschuldung, Einschränkungen des Freihandels, Depression der Landwirtschaft, Anlagenotstand, technologische Skrupel seien die unlösbaren Probleme des Kapitalismus. All das gibt es bis heute, ohne daß der Kapitalismus untergegangen wäre, dem Burnham 1940 noch 50 Jahre gab.

Mit seiner Grundthese lag Burnham dennoch richtig: Die Revolution der Manager hat stattgefunden und, entgegen Burnhams Annahme, dem Kapitalismus so das Überleben ermöglicht. Die Manager seien dabei diejenigen, die das Ganze am Laufen hielten, ohne daß es ihnen gehörte. Die Komplexität der Verhältnisse erfordere Spezialisten, deren Macht sich durch die Vergrößerung der Aufgaben erhöhe. Es entstehe, so Burnham, ein Solidaritätsgefühl untereinander, so daß die Manager eine eigene Klasse bildeten, die eigene Privilegien habe. Burnham ging auch davon aus, daß das Privateigentum verschwinden würde, ohne daß die Manager verschwänden. Ihre Macht wäre unbeschränkt, weil weder Besitzverhältnisse noch Staat sie behinderten, sie würden mit der Produktion und der Verwaltung auch die Gesellschaft lenken. Im New Deal, NS-Deutschland und der Sowjetunion sah Burnham Beispiele für die Übergangsphase zum Regime der Manager, in der Sowjetunion bereits Anzeichen der Vollendung.

In einigen Punkten erinnert Burnhams Buch an die Parlamentarismuskritik Carl Schmitts aus den zwanziger Jahren, auch daß er sich in die Tradition Machiavellis stellt, paßt in dieses Bild. Burnham bezieht sich vor allem auf Machiavellis Zurückweisung der Anklage, er würde die Fürsten Schurkerei und Knechtung lehren. Wie dieser will Burnham die Welt vor solchen »Ungeheuern« warnen. Als Methode der Machiavellisten stellt sich Burnham eine Untersuchung vor, die nicht beschreibt, was erlaubt ist, sondern was wirkungsvoll ist und was nicht.

Zu den Hauptannahmen des Machiavellismus zählt er folgende: Eine objektive Wissenschaft der Politik und Gesellschaft ist möglich, sie muß neutral sein. Grundthema ist die soziale Macht in jeder Hinsicht. Taten, nicht Worte werden untersucht. Irrationale Handlungen sind die Regel. Das Studium der Elite, deren Hauptziel immer die Erhaltung der Macht ist, steht im Mittelpunkt. Deren Herrschaft beruht auf Betrug und Gewalt.

In seinem zweiten bekannten Buch, Die Machiavellisten, stellt er eine Ahnenreihe dieser »Denkschule« auf. Sie umfaßt sechs Personen: Dante Alighieri, Machiavelli, Gaetano Mosca, Georges Sorel, Robert Michels und Vilfredo Pareto. Sich selbst sieht er in dieser Tradition der Beobachter und Verteidiger der Freiheit. Durch die Erhellung der Beschränkung der Macht werden Machiavellisten bei Burnham zu Männern der Freiheit. Voraussetzung dafür ist die Analyse der gegenwärtigen Machtverhältnisse.

Burnham entwickelte sich in der Folge zu einem Hauptvertreter des Antikommunismus, der zum einen den Untergang des Kommunismus voraussagte (ohne gleichzeitig eine weltweite Demokratisierung zu behaupten) und gleichzeitig den Liberalismus als die »Ideologie des Selbstmordes des Westens« bezeichnete. Unter Liberalen verstand er dabei so etwas wie Gutmenschen, die nicht in der Lage sind, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, sondern wie sie sie sehen wollen.

Schriften

  • The Struggle for the World, New York 1947.
  • Das Regime der Manager [1941], Stuttgart 1948.
  • Die Machiavellisten. Verteidiger der Freiheit [1943], Zürich 1949.
  • Die Strategie des Kalten Krieges [The Coming Defeat of Communism, 1949], Stuttgart 1950.
  • What Europe Thinks of America, New York 1953.
  • The Web of Subversion. Underground Networks in the U.S. Government, New York 1954
  • Begeht der Westen Selbstmord? Ein Versuch über die Bedeutung und Zukunft des Liberalismus [1964], Düsseldorf/Wien 1965.
  • The War We Are In. The Last Decade and the Next, New Rochelle N. Y. 1967.

Literatur

  • Brian Crozier: James Burnham, in: Criticón (1977), Heft 41.
  • Samuel Francis: Thinkers of Our Time: James Burnham, London ²1999.
  • Kevin J. Smant: How Great the Triumph. James Burnham, Anticommunism, and the Conservative Movement, Lanham 1992.
Der Artikel wurde von Erik Lehnert verfaßt.