Faschistische Ideologie: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 4. Januar 2017, 19:44 Uhr
- Faschistische Ideologie. Eine Einführung
- (engl. Fascist Ideology, in: Walter Laqueur (Hrsg.): Fascism. A Reader’s guide. Analyses, Interpretations, Bibliography, Aldershot 1976, S. 315–360),
- Zeev Sternhell, Berlin: Verbrecher-Verlag 2002.
Man kann den Titel dieses Buches, dessen Text ursprünglich als Aufsatz für einen Sammelband gedacht war, durchaus programmatisch nehmen, denn zu den Besonderheiten von Sternhells Faschismus- Interpretation gehört, daß er den Faschismus in erster Linie als Ideologie betrachtet, nicht als Camouflage eines Herrschaftssystems oder eines anderen, älteren Weltanschauungskonzepts, nicht als eigentlich inhaltsleere »Anti«- Haltung. Diese Behauptung speist sich aus den detaillierten Untersuchungen, die der israelische Historiker im Hinblick auf die Geschichte des französischen Proto- Faschismus geliefert hat. Im Zentrum stand dabei die Auflösung der traditionellen Meinungslager links und rechts im Gefolge der Kriegsniederlage von 1871. Ein Prozeß, der in der Dreyfus-Affäre seinen Höhepunkt erreichte und zur Formierung neuer Gruppierungen führte, die sich aus enttäuschten Linken, Liberalen und Konservativen rekrutierten.
Obwohl sie so verschiedener Herkunft waren, einte sie der Zweifel an den früheren Verheißungen und den alten Ängsten um das Bestehende. Sie sahen sich durch die großen Ideenbewegungen der Zeit in der Überzeugung bestärkt, daß Europa und mit ihm das Vaterland der drohenden Dekadenz entgehen könnte, wenn man die Vitalkräfte regeneriere. Eine entscheidende Bedeutung hatte in diesem Kontext die Idee eines »nationalen Sozialismus« oder »sozialen Nationalismus «, der in der Lage sein würde, die Arbeiterschaft in den Staat einzubinden und diesem so frische Kräfte zuzuführen, die notwendig helfen würden, ihn für die kommenden Kämpfe zu stärken.
»Es war nicht die Stärke der Rechten, sondern es waren ihre relative Schwäche, ihre Ängste und ihre Anfälle von Panik, die die wesentlichen Voraussetzungen für den Erfolg des Faschismus bildeten.«
Als sich die Erwartung eines großen Konflikts in Gestalt des Ersten Weltkriegs erfüllte, konnte der Faschismus zu einer massentauglichen Ideologie werden, geeignet, ein Gegenmodell zu Kommunismus wie Liberalismus zu liefern und die Bevölkerung zu mobilisieren. Sternhell meint, daß nur unter diesem Aspekt – der die ideologische Attraktivität des Faschismus betont – verständlich werde, warum so viele faschistische Bewegungen im Europa der Zwischenkriegszeit Gefolgschaft fanden, sich aus eigener Kraft oder mit Hilfe von außen durchsetzen konnten und vom »Antifaschismus« nur durch naturwidrige Bündnisse und mit Gewalt niederzuwerfen waren.
Es hat diese Deutung des Faschismus Sternhell viel Kritik in seinem eigenen Lager – dem der Linken – eingetragen, allerdings darf man nicht verkennen, daß seine Bereitschaft, den Faschismus als ideologisches Phänomen ernst zu nehmen, nicht aus Sympathie gespeist wird, sondern aus dem Bewußtsein einer besonderen Gefährlichkeit der faschistischen Versuchung für jede in die Krise geratene moderne Gesellschaft.
Literatur
- Zeev Sternhell: Die Entstehung der faschistischen Ideologie. Von Sorel zu Mussolini, Hamburg 1999.
- Karlheinz Weißmann: Autorenportrait Zeev Sternhell, in: Sezession (2010), Heft 34.
Der Artikel wurde von Karlheinz Weißmann verfaßt.