Langemarck: Unterschied zwischen den Versionen

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== Literatur ==
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*''Langemarck – Ein Vermächtnis. Worte von
*''Langemarck – Ein Vermächtnis. Worte von Josef Magnus Wehner, am 10. Juli 1932, zur Stunde der Übernahme des Gefallenen-Friedhofs in Langemarck durch die Deutsche Studentenschaft, gesprochen an allen deutschen Hochschulen, verbunden mit Briefen Gefallener'', München 1932.
Josef Magnus Wehner, am 10. Juli 1932, zur Stunde
der Übernahme des Gefallenen-Friedhofs in Langemarck
durch die Deutsche Studentenschaft, gesprochen
an allen deutschen Hochschulen, verbunden
mit Briefen Gefallener'', München 1932.
* Rainer Rother (Hrsg.): ''Geschichtsort Olympiagelände'', Berlin 2006.
* Rainer Rother (Hrsg.): ''Geschichtsort Olympiagelände'', Berlin 2006.
* Karl Unruh: ''Langemarck. Legende und Wirklichkeit'', Koblenz 1986.
* Karl Unruh: ''Langemarck. Legende und Wirklichkeit'', Koblenz 1986.

Aktuelle Version vom 25. Oktober 2016, 12:33 Uhr

Belgien, Westflandern

Auch heute noch werden die wenigsten Besucher ohne innere Bewegung die wuchtige Torhalle mit den schweren Gittertüren und den in Holz geschnittenen Namen der Gefallenen an den Wänden passieren, den Ehrenhof betreten und dann das Gräberfeld von Langemarck sehen. Denn ohne Zweifel gehört der Friedhof von Langemarck zu den eindrucksvollsten erhaltenen Anlagen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg (➞ Tannenberg, Verdun). Das Areal ist ausgedehnt und wird durch einen Wassergraben begrenzt, an dem noch drei Bunker erhalten sind, die die ehemalige Frontlinie markieren. Auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite wird es durch eine Mauer mit 52 Tafeln abgeschlossen, die die Namen der studentischen Verbindungen und Truppenteile tragen, die sich besonders für die Errichtung eingesetzt haben.

Als man die Gestaltung des Friedhofs am 10. Juli 1932 abschloß, war »Langemarck« längst ein Symbol. Daß es sich zuerst um den Namen eines kleinen flämischen Ortes handelte, trat schon während des Ersten Weltkriegs in den Hintergrund. Das ist ein Schicksal, das Langemarck – eigentlich »Langemark« – mit vielen Orten teilt, an denen große Schlachten geschlagen wurden. Aber von einer großen Schlacht kann in diesem Fall gar keine Rede sein. Langemarck gewann seine Bedeutung im Grunde durch einen einzigen, militärisch bedeutungslosen Sturmangriff am 10. November 1914, der den Anlaß gab, für jene berühmt gewordenen Sätze aus dem Heeresbericht: »Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesang ›Deutschland, Deutschland über alles‹ gegen die erste Linie der feindlichen Stellung vor und nahmen sie.«

Es sind früh Zweifel an der sachlichen Richtigkeit dieser Darstellung geäußert worden – sehr viel spricht dafür, daß die Soldaten sangen, um nicht in eigenes Feuer zu geraten –, aber die Wirkung hat das nicht beeinträchtigt. Die heldenhaft stürmenden Kriegsfreiwilligen, die mit dem Deutschlandlied auf den Lippen siegten oder den Tod fanden, erschienen wie ein großes mythisches Bild, das den »Ideen von 1914« Bestätigung gab. Diese Wirkung hat sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs keineswegs verloren, zumal es wegen der Niederlage keine andere Möglichkeit gab, als der Toten als Opfer zu gedenken. Während die eine Seite dieses Opfer für »sinnlos« hielt, betrachtete es die andere als ver sacrum, als Hingabe der Jugend für den Fortbestand der Gemeinschaft.

Entsprechende Ideen waren durchaus über den Bereich der nationalen und nationalistischen Verbände hinaus verbreitet. Der Langemarck-Kult wurde in den zwanziger Jahren von Veteranen und Sportorganisationen, aber vor allem von Jugendbewegung und Studentenschaft getragen. Das hing mit der Vorstellung zusammen, die »jungen Regimenter« hätten in erster Linie aus kriegsfreiwilligen Schülern und Hochschülern bestanden; seit 1928 waren Langemarck-Feiern an den Universitäten zur festen Einrichtung geworden, gleichzeitig kam es zur Einführung der »Langemarck- Spende«, die dem Zweck diente, eine würdige Gedenkstätte für die Gefallenen zu errichten.

Daß die Erinnerung an Langemarck eine starke Klammer bildete, war auch am Langemarck-Buch der Deutschen Studentenschaft zu erkennen, das 1933 schon mit einem Vorwort des neuen Reichskanzlers Adolf Hitler (➞ München: Feldherrnhalle), aber auch mit einem Beitrag des »konservativen Revolutionärs« Edgar J. Jung erschien, der im folgenden Jahr von der SS getötet werden sollte. Die Nationalsozialisten konnten sich in bezug auf Langemarck der Traditionen bedienen, die sie vorfanden. Eine Korrektur gab es nur insofern, als man betonte, daß es sich bei den Soldaten keineswegs nur um Studenten gehandelt habe, sondern auch um Handwerker und Arbeiter, so daß weniger an einen elitären Zuschnitt, eher an eine Repräsentation der »Volksgemeinschaft« zu denken war. Vor allem aber hat das Regime – hier wie in anderen Fällen – übernommen, vereinseitigt und instrumentalisiert. In den Zusammenhang gehörte die Intensivierung des Langemarck-Kults durch Hitler-Jugend und Reichsstudentenführung, die Einführung von »Langemarck-Studium« (für begabte Hochschüler aus armen Familien) und »Langemarck-Wettkämpfen« unter Einschluß von Disziplinen militärischen Charakters.

Ihren stärksten Ausdruck fand diese Art symbolischer Politik 1936 in der Errichtung der Langemarckhalle unterhalb des Glockenturms auf dem Berliner Olympia- Gelände. Es handelt sich um einen Raum, der nach dem Vorbild eines antiken Tempels errichtet wurde – sogar das Deckengebälk hatte man in Beton imitiert – und mit seinem »Erdschrein«, der Erde des Schlachtfelds enthielt, zu einem zentralen Ort des Gefallenen-Kults gemacht werden sollte, der für die politische Theologie des Systems eine entscheidende Rolle spielte. Sinnfällig wurde das an den Sätzen, die man an den beiden Seitenwänden anbrachte: Hölderlins »Lebe droben, o Vaterland, / Und zähle nicht die Toten! Dir ist, / Liebes! Nicht Einer zu viel gefallen« an der einen, an der anderen das Flex-Zitat: »Ihr heiligen grauen Reihen / geht unter Wolken des Ruhms / und tragt die blutigen Weihen / des heimlichen Königtums!« Die Langemarckhalle war nicht nur ein Ort des Gedenkens, sondern mehr noch ein ständiger Appell an die »Opferbereitschaft « der Jungen. Welche Konsequenz das hatte, ließ sich nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ermessen, als die Langemarckhalle auch dem Gedenken an die Gefallenen des neuen Kampfes diente. Zu diesem Zeitpunkt begann das Symbol »Langemarck« aber schon an Kraft zu verlieren. Nach dem Zusammenbruch und der anschließenden Zerstörung von Teilen des Olympiageländes verfiel die Langemarckhalle, wurde dann provisorisch wiederhergestellt und aus baulichen Gründen erneut geschlossen; seit dem Sommer 2006 ist sie in restauriertem Zustand wieder zugänglich. Begrüßenswert ist die Behutsamkeit der Wiederherstellung, die – abgesehen von den Fenstern zwischen den Säulen, deren Anbringung Hitler ausdrücklich verboten hatte – den Originalzustand weitgehend bewahrt. Auf eine volkspädagogisch motivierte Dekonstruktion wurde jedenfalls verzichtet.

Literatur

  • Langemarck – Ein Vermächtnis. Worte von Josef Magnus Wehner, am 10. Juli 1932, zur Stunde der Übernahme des Gefallenen-Friedhofs in Langemarck durch die Deutsche Studentenschaft, gesprochen an allen deutschen Hochschulen, verbunden mit Briefen Gefallener, München 1932.
  • Rainer Rother (Hrsg.): Geschichtsort Olympiagelände, Berlin 2006.
  • Karl Unruh: Langemarck. Legende und Wirklichkeit, Koblenz 1986.
Der Artikel wurde von Karlheinz Weißmann verfaßt.