Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 16. November 2016, 17:51 Uhr

Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen. Vorgeschichte, Verlauf, Folgen (engl. Nemesis at Potsdam. The Anglo-Americans and the Expulsion of the Germans. Background, Execution, Consequences, London 1977),
Alfred M. de Zayas, München: C. H. Beck 1977.

Bis in die siebziger Jahre gehörten Krieg und Vertreibung noch zu dem, was mittels oral history tradiert wurde. Die »Erlebnisgeneration « stand in der Mitte des Lebens, und die Erfahrung der großen Katastrophe war in jeder Familie lebendig durch das, was erzählt wurde, Einzelschicksale, die sich zu einem mehr oder weniger geschlossenen Bild fügten. Allerdings gab es auch blinde Flecken. Das gilt vor allem für die Rolle der Westalliierten, die sich von Siegern und Besetzern zu Verbündeten und Beschützern gewandelt hatten. Dagegen konnte der Horror im Osten ohne Zurückhaltung geschildert werden, die Kontinuität der Feindschaft machte das möglich. Insofern erschien die Vertreibung aus den Ostgebieten, deren Abtrennung und die Teilung Deutschlands auch regelmäßig als Teil der kommunistischen Untaten, weniger als Aspekt des nationalen Schicksals, das durch alle Okkupationsmächte über die Deutschen verhängt worden war.

»Der Geist der Menschlichkeit verlangt die Verurteilung kriminellen Verhaltens, gleich, ob es sich bei einer Aggression kundgibt oder im Vollzug einer unterschiedslosen Rache.«

Diese Perspektive hat die Arbeit des Völkerrechtlers und Historikers Alfred M. de Zayas über Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen nachhaltig in Frage gestellt, was darauf zurückzuführen ist, daß er nicht nur den historischen Kontext der Vertreibung wiederherstellte – durch Verweis auf die ungelösten Nationalitätenkonflikte des Systems von Versailles, »Bevölkerungsumsiedlung als politisches Prinzip« und das Konzept der Rachepolitik –, sondern auch durch Hinweis auf die Rolle von Briten und Amerikanern im Zusammenspiel mit den ostmitteleuropäischen Exilregierungen einerseits und mit der Sowjetunion andererseits. Für die Pläne Stalins im Hinblick auf die dauernde Unterwerfung des Kontinents spielte eine entscheidende Rolle, daß er nicht nur seine Beute aus dem Pakt mit Hitler behalten, sondern auch das alte russische Ziel eines eisfreien Hafens an der Ostsee erreichen wollte. Gleichzeitig rechnete er damit, daß die Vertreibung der deutschen Bevölkerungen aus Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien die dortigen Regierungen dauerhaft an Moskau binden würde, schon um sich gegen eine deutsche Revanche zu sichern.

Diese Aspekte wurden von de Zayas nun ergänzt durch den Hinweis auf die Bereitschaft Churchills und Roosevelts, entsprechende Planungen der Sowjets zu akzeptieren – weil sie im Grunde den eigenen entsprachen, Ressentiments gegenüber den Deutschen entgegenkamen, oder man wußte, daß Stalin nicht aufzuhalten war –, solange man nur das Gesicht wahren und in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken konnte, als ob es nur um einen geordneten »Bevölkerungstransfer« gehe. Zuletzt hatte man mit der Erklärung von Potsdam diesen Eindruck zu erwecken versucht, obwohl die Weltöffentlichkeit da längst von den Vorgängen im »Totenhaus« Ostdeutschland wußte.

Ausgabe

  • Überarbeitete und erweiterte Neuauflage unter dem Titel Die Nemesis von Postdam. Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen, München: Herbig 2005.
Der Artikel wurde von Karlheinz Weißmann verfaßt.