Vergangenheitsbewältigung

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Vergangenheitsbewältigung. Von der Läuterung zur Manipulation,
Armin Mohler, Stuttgart- Degerloch: Seewald 1968.

In Reaktion auf den Linksruck der öffentlichen Meinung publizierte Mohler Ende der sechziger Jahre zwei »Kampfschriften«, deren Schärfe sich deutlich von seinen früheren Veröffentlichungen unterschied: Die erste trug den Titel Vergangenheitsbewältigung. Von der Läuterung zur Manipulation und erschien 1968, die zweite nannte er Sex und Politik und kam 1972 auf den Markt. Beide waren aktuell, insofern sie breit diskutierte Themen – die Verjährungsfrage in bezug auf NS-Verbrechen, die Freigabe der Pornographie – aufnahmen; für Mohler ging es aber gleichzeitig darum, seine Analyse der westlichen Dekadenz zu vertiefen, die für ihn nicht Folge, sondern Ursache von ’68 war.

In bezug auf die Vergangenheitsbewältigung (mit der er sich schon in dem 1965 erschienenen Buch Was die Deutschen fürchten eingehend befaßt hatte) stellt er drei Kernthesen auf: die faktische Unmöglichkeit, irgendeine Vergangenheit zu »bewältigen«, die pathologischen und die politischen Folgen, die es haben muß, wenn man es doch versucht. Ganz im Sinn von Carl Schmitts Politikbegriff hält Mohler die Vergangenheitsbewältigung für etwas, das dem Gegner nutzte, weil es den Selbstbehauptungswillen der Deutschen schwächte, sie also hinderte, die Maßnahmen in Angriff zu nehmen, die notwendig waren, um wieder in Form zu kommen. Vergangenheitsbewältigung lief weiter auf eine moralische Überforderung hinaus, die im Nebeneffekt den Feinden Deutschlands – inneren wie äußeren – die Möglichkeit bot, die Verunsicherung auszubeuten, die Nation dauerhaft zu spalten und so ihren Einfluß aufrechtzuerhalten. Vergangenheitsbewältigung diente außerdem der Linken als »Arsenal«, um den »Aufstand gegen den Staat« zu munitionieren; sie hinderte gleichzeitig die Entstehung einer »gesunden Rechten«, da sie mit einer wachsenden Zahl von »Gesinnungsdelikten « verknüpft wurde, die die Rechte unter Sondergesetze stellte, was wiederum den Weg blockierte, »die Deutschen wieder zu einer normalen Nation wie jede andere zu machen«. Normalität, und das bedeutet vor allem Normalität der seelischen Kollektivverfassung, heißt auch, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und vergessen zu dürfen – nach Meinung Mohlers die entscheidende Voraussetzung politischer Handlungsfähigkeit.

Geht man nach der Auflagenzahl, war Vergangenheitsbewältigung das erfolgreichste Buch Mohlers; er hat es später mehrfach ergänzt, in einigen Punkten umgearbeitet und gegenüber der ersten – pädagogischen – Fassung deutlich drastischer formuliert. Das Thema hat ihn im Grunde niemals losgelassen, und er griff es bis hin zu seinem letzten Buch (Der Nasenring) immer wieder auf; und das auch, als es nach 1989 um die Frage ging, ob nach einer Vergangenheitsbewältigung in braun nun eine Vergangenheitsbewältigung in rot stattfinden sollte, aus der die politische Rechte hätte Nutzen ziehen können.

»Wer zu differenzieren sucht, ist gegenüber den schrecklichen Vereinfachern stets im Hintertreffen. Und vor allem: wer in diesen Dingen zu differenzieren sucht, ist von vornherein verdächtig.«

Man ist auch heute noch erstaunt über die Hellsichtigkeit, mit der Mohler die Vergangenheitsbewältigung und ihre Mechanismen analysiert hat. Die Klarheit und Ehrlichkeit seiner Stellungnahme wird selbst von denen kaum erreicht, die sich heute kritischer mit »Holocaust-Industrie« und »Shoah-Business« auseinandersetzen.

Ausgabe

  • Ausgabe: 3., stark erweiterte und veränderte Auflage in der Reihe Gegenwart und Zeitgeschichte, Bd. 5, Krefeld: Sinus-Verlag 1981.

Literatur

  • Karlheinz Weißmann: Armin Mohler. Eine politische Biographie, Schnellroda 2011.
Der Artikel wurde von Karlheinz Weißmann verfaßt.