https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Spezial:Neue_Seiten&feed=atom&hidebots=1&hideredirs=1&limit=50&offset=&namespace=0&username=&tagfilter=&size-mode=max&size=0Staatspolitisches Handbuch im Netz - Neue Seiten [de-formal]2024-03-29T13:30:21ZAus Staatspolitisches Handbuch im NetzMediaWiki 1.32.0https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Friedrich_August_von_HayekFriedrich August von Hayek2019-07-18T19:12:41Z<p>Admin: Die Seite wurde neu angelegt: „Friedrich August von Hayek :'''Hayek, Friedrich August von''', :geb. 8. Mai 1899 Wien, :gest. 23. März 1992 Freibu…“</p>
<hr />
<div>[[File:Friedrich Hayek portrait.jpg|thumb|Friedrich August von Hayek]]<br />
:'''Hayek, Friedrich August von''',<br />
:geb. 8. Mai 1899 Wien,<br />
:gest. 23. März 1992 Freiburg im Breisgau.<br />
<br />
Hayek wurde als ältester von drei Söhnen<br />
in eine naturwissenschaftlich-medizinisch<br />
geprägte Familie hineingeboren,<br />
die auch dank ihrer Verwandtschaft mit<br />
den Wittgensteins fest in der Wiener Gesellschaft<br />
um 1900 verankert war. Nach<br />
der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte<br />
er in seiner Vaterstadt Rechtswissenschaft<br />
und Nationalökonomie und wurde<br />
von der durch Carl Menger begründeten<br />
Österreichischen Schule der Nationalökonomie<br />
geprägt. Für diese war ein methodologischer<br />
Subjektivismus kennzeichnend,<br />
der insbesondere in der Grenznutzenlehre<br />
zum Ausdruck kam.<br />
<br />
Am Vorabend der Weltwirtschaftskrise<br />
machte sich Hayek einen Namen als einer<br />
der führenden Konjunkturtheoretiker seiner<br />
Zeit. Im Unterschied zu Keynes, der eine<br />
makroökonomische Krisentheorie vorlegte<br />
und zur Überwindung der Krise auf eine<br />
staatlich induzierte Steigerung der Gesamtnachfrage<br />
setzte, erklärte Hayek die Krise<br />
aus den subjektiven Erwartungen dezentraler<br />
Preise und sprach sich deshalb dezidiert<br />
gegen politisch motivierte Interventionen<br />
in das Preissystem und gegen makroökonomische<br />
Steuerung aus.<br />
<br />
Von 1931 bis 1949 lehrte Hayek als erster<br />
Ausländer an der London School of<br />
Economics. Dem »Anschluß« seines Heimatlandes<br />
an das Deutsche Reich entzog<br />
er sich 1938 durch Annahme der britischen<br />
Staatsbürgerschaft. Im Gegensatz<br />
zur neoklassischen Wirtschaftstheorie<br />
sah Hayek nicht in der Knappheit der verfügbaren<br />
Güter, sondern in der Verstreutheit<br />
des Wissens das eigentliche Koordinationsproblem<br />
der Wirtschaft. An der Seite<br />
seines Lehrers, [[Ludwig von Mises]], profilierte<br />
er sich in den 1930er Jahren als Kritiker<br />
des Sozialismus und argumentierte,<br />
daß die Wirtschaftsrechnung im Sozialismus<br />
daran scheitern müsse, daß sie ohne<br />
freie Preise das verstreute Wissen einer<br />
Gesellschaft nicht nutzen könne. Überhaupt<br />
wandte sich Hayek gegen rationalistische<br />
und szientistische Ordnungsvorstellungen,<br />
die von der Zentralisierbarkeit<br />
des erforderlichen Wissens und von der<br />
vollständigen Planbarkeit von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft ausgingen.<br />
<br />
Daß Planwirtschaft und Wohlfahrtsstaat<br />
notwendigerweise auch in ein System<br />
politischer Unfreiheit führen<br />
müßten, war die zentrale These seiner<br />
Streitschrift ''The Road to Serfdom'' aus<br />
dem Jahre 1944, die Hayeks Ruhm unter<br />
Liberalen und Totalitarismuskritikern<br />
begründete. Im Jahre 1947 wurde er Gründungspräsident der »Mont Pèlerin<br />
Society«, in der sich im Laufe der Jahrzehnte<br />
nahezu alle wichtigen Repräsentanten<br />
der neoliberalen Bewegung<br />
versammelten. Seit 1950 lehrte er an der<br />
Universität Chicago – allerdings nicht als<br />
Ökonom, sondern als Mitglied der Fakultät<br />
für »Moral Sciences«. Dort entstand<br />
sein 1960 erschienenes Hauptwerk, ''The<br />
Constitution of Liberty'', in dem sich Hayek<br />
um eine ideenhistorisch fundierte Neuformulierung<br />
des klassischen Liberalismus<br />
bemühte, eine freiheitliche Verfassungstheorie<br />
entwarf und die Grenzen<br />
der Tätigkeit eines liberalen Staats absteckte.<br />
Nach seinem Wechsel an die Universität<br />
Freiburg im Breisgau im Jahre<br />
1962 arbeitete Hayek eine Theorie spontaner<br />
Ordnung und kultureller Evolution<br />
aus, die vor allem in den ''Freiburger Studien'' von 1969 sowie in der zwischen 1973 und<br />
1979 erschienenen ''Trilogie Law, Legislation and Liberty'' dargelegt wurde. Anknüpfend<br />
an die Rechts- und Moralphilosophie<br />
der Schottischen Aufklärung von Hume,<br />
Smith und Ferguson, betonte Hayek, daß<br />
viele grundlegende Institutionen der<br />
menschlichen Zivilisation – z. B. Sprache,<br />
Eigentum und Geld – nicht bewußt konstruiert,<br />
sondern in einem Prozeß kultureller<br />
Evolution allmählich entdeckt und<br />
spontan weiterentwickelt worden seien.<br />
In Parallelität zu Poppers »offener Gesellschaft<br />
« skizzierte Hayek unter wechselnden<br />
Begriffen – spontane Ordnung,<br />
Nomokratie oder Katallaxie – ein freiheitliches<br />
Ordnungsmodell, das durch<br />
die Verwendung impliziten und verstreuten<br />
Wissens im Wettbewerb und durch<br />
die Geltung von allgemeinen Regeln des<br />
Rechts komplexer und leistungsfähiger<br />
ist als archaische Stammesgesellschaften<br />
einerseits und von zentraler Stelle entworfene<br />
und konstruierte Organisationen<br />
andererseits. Den Sozialismus wies Hayek deshalb als eine atavistische Moralphilosophie<br />
zurück, welche die zivilisatorische<br />
Bedeutung von Freiheit und Recht ignoriere.<br />
<br />
{{Zitat|Daß in die Ordnung der Marktwirtschaft<br />
viel mehr Wissen von Tatsachen eingeht als<br />
irgendein einzelner Mensch oder selbst irgendeine<br />
Organisation wissen kann, ist der<br />
entscheidende Grund, weshalb die Marktwirtschaft<br />
mehr leistet als irgendeine andere<br />
Wirtschaftsform.}}<br />
<br />
Im Jahre 1974 wurde Hayek, der zwischen<br />
1969 und 1977 in Salzburg lebte<br />
und lehrte, mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften<br />
ausgezeichnet. In<br />
einer Zeit, als der vorherrschende Keynesianismus<br />
in vielen westliche Staaten an<br />
überbordender Inflation, Arbeitslosigkeit,<br />
Staatsverschuldung und Planungsversagen<br />
scheiterte, erlebte Hayek dadurch eine<br />
unerwartete Renaissance. Er inspirierte<br />
vor allem Margaret Thatcher in Großbritannien,<br />
aber seine grundlegende Kritik<br />
an Sozialismus und Wohlfahrtsstaat wurde<br />
auch in Osteuropa von kritischen Ökonomen<br />
wie Václav Klaus, Leszek Balcerowicz<br />
oder Ivan Mikloš rezipiert, die nach<br />
dem Zerfall des Ostblocks für marktwirtschaftliche<br />
Reformen in ihren Ländern<br />
verantwortlich zeichneten.<br />
<br />
[[File:Friedrich August von Hayek, 27th January 1981, the 50th Anniversary of his first lecture at LSE, 1981 (4303825588).jpg|thumb|Hayek 1981]]<br />
<br />
Hayek grenzte sich zwar zeitlebens vom<br />
Konservatismus ab und warf diesem insbesondere<br />
Fortschrittsskepsis, Mangel an festen<br />
Prinzipien und Anfälligkeit gegenüber<br />
kollektivistischem Denken vor. Mit seiner<br />
evolutionären, antirationalistischen, antikollektivistischen<br />
und antikonstruktivistischen<br />
Ordnungstheorie gehört Hayek<br />
aber ähnlich wie Montesquieu, Hume, Burke<br />
oder Tocqueville zu jenen Denkern, die<br />
sowohl von Liberalen als auch von Konservativen<br />
beansprucht werden. Vor allem im<br />
angelsächsischen Raum berufen sich auch Konservative immer wieder auf ihn – in erster<br />
Linie solche, die ihr Denken an Begriffen<br />
wie Freiheit, Ordnung, Eigentum, Personalismus<br />
und Dezentralität ausrichten<br />
und damit auch klassisch-liberale, marktwirtschaftliche<br />
Positionen vertreten. Derzeit<br />
wird im Zuge der Staatsschuldenkrise<br />
vieler westlicher Demokratien die von<br />
Hayek in den 1970er Jahren erhobene Forderung<br />
nach Aufhebung des staatlichen<br />
Geldmonopols und nach Etablierung eines<br />
Wettbewerbs der Währungen verstärkt<br />
diskutiert.<br />
<br />
== Schriften ==<br />
* ''Geldtheorie und Konjunkturtheorie'', Jena 1929.<br />
* ''Preise und Produktion'', Wien 1931.<br />
* ''The Road to Serfdom'', London/Chicago 1944 (dt.: ''Der Weg zur Knechtschaft'').<br />
* ''The Sensory Order'', London 1952 (dt.: ''Die sensorische Ordnung'').<br />
* ''The Counter-Revolution of Science'', Glencoe 1952 (dt.: ''Mißbrauch und Verfall der Vernunft'').<br />
* ''The Constitution of Liberty'' (dt.: ''Die Verfassung der Freiheit''), London/Chicago 1960.<br />
* ''Freiburger Studien, Tübingen'' 1969.<br />
* ''Law, Legislation and Liberty'', 3 Bde., London 1973–1979 (dt.: ''Recht, Gesetz und Freiheit'').<br />
* ''Denationalisation of Money'', London 1976 (dt.: ''Entnationalisierung des Geldes'').<br />
* ''The Fatal Conceit'', London 1988 (dt.: ''Die verhängnisvolle Anmaßung'').<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Bruce Caldwell: ''Hayek’s Challenge. An Intellectual Biography of F. A. Hayek'', New York/Houndsmills 2004.<br />
* Hans Jörg Hennecke: ''Friedrich August von Hayek zur Einführung'', Hamburg ²2010.<br />
* John C. Wood/Ronald N. Woods (Hrsg.): ''Friedrich A. Hayek. Critical Assessments'', 4 Bde., London/New York 1991.<br />
* Christoph Zeitler: ''Spontane Ordnung, Freiheit und Recht'', Frankfurt a. M. 1995.<br />
<br />
{{Autor|Hans Jörg Hennecke}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Hayek, Friedrich August von}}<br />
<br />
[[Kategorie:Vordenker]]</div>Adminhttps://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Romano_GuardiniRomano Guardini2019-07-18T18:55:46Z<p>Admin: Die Seite wurde neu angelegt: „Romano Guardini um 1920 :'''Guardini, Romano''', : 17. Februar 1885 Verona, : 1. Oktober 1968 München. Guardini wu…“</p>
<hr />
<div>[[File:Romano Guardini um 1920.JPG|thumb|Romano Guardini um 1920]]<br />
:'''Guardini, Romano''',<br />
: 17. Februar 1885 Verona,<br />
: 1. Oktober 1968 München.<br />
<br />
Guardini wurde als Sohn einer aus Südtirol<br />
stammenden Mutter und eines italienischen<br />
Geflügelgroßhändlers geboren. 1886<br />
übersiedelte die Familie nach Mainz, wo<br />
Guardini das humanistische Gymnasium<br />
absolviert. Nach Studien der Chemie und<br />
Nationalökonomie entschied er sich, zusammen<br />
mit dem Jugendfreund Karl Neundörfer,<br />
Theologie zu studieren. Romano<br />
Guardinis lebenslanger Freund, Josef Weiger,<br />
gehörte mit in den Tübinger Freundschaftskreis,<br />
der gleichermaßen von einer<br />
Neuaneignung des großen katholischen<br />
Erbes und den geistigen und ästhetischen<br />
Gärungen und Bewegungen der Zeit vor<br />
dem Ersten Weltkrieg bestimmt war. 1915<br />
promovierte Guardini über Bonaventura,<br />
1922 habilitierte er sich über denselben<br />
Kirchenlehrer.<br />
<br />
[[File:Quickborn auf rothenfels.jpg|thumb|Fahne der Quickborn-Bewegung auf Burg Rothenfels (1920er Jahre)]]<br />
<br />
In den nächsten Jahren war Guardini an<br />
maßgeblicher Stelle in der katholischen Jugendbewegung<br />
tätig, vor allem im Quickborn<br />
mit dem Zentrum der Burg Rothfels.<br />
Neben einer Neugestaltung der gesamten<br />
Lebensführung bildete die Reform der Liturgie,<br />
wobei dem Logos ein verstärktes<br />
Gewicht gewidmet sein sollte, einen<br />
Schwerpunkt der Neuorientierung. Bis<br />
1939 suchte Guardini die Burg Rothfels als<br />
eine Gegenwelt zu bewahren, auch wenn er<br />
seit 1934 bespitzelt wurde. Er wollte sie zu<br />
einer christlichen Akademie formen, was<br />
bis zu der erzwungenen Schließung auch<br />
weitgehend gelingen sollte.<br />
<br />
Bereits 1923 erhielt Guardini den neuerrichteten<br />
Lehrstuhl für Christliche Weltanschauung<br />
an der Berliner Friedrich-Wilhelms-<br />
Universität. Die Titulatur, die auch<br />
seinen späteren Münchener Lehrstuhl prägen<br />
sollte, war Programm: Inmitten des<br />
protestantisch geprägten Berlin sollten die Grundphänomene und Kräfte der eigenen<br />
Zeit aus christlicher Perspektive gedeutet<br />
werden, im Sinn einer freien, auch<br />
ästhetisch hochgebildeten Katholizität,<br />
die die großen Traditionen neu aneignete.<br />
Der Weltanschauungsbegriff folgte dabei<br />
den geistigen und methodischen Vorgaben<br />
der hermeneutischen Schule von Dilthey<br />
bis Troeltsch. Die Einlösung zeigte sich in<br />
den morphologisch souveränen Deutungen<br />
Guardinis, die von der Patristik, von Augustinus<br />
zu Platon zurückreichen, wobei er<br />
aber die thomistische Tradition nicht verleugnete.<br />
Ein polyphones Wahrheitsverständnis,<br />
das zugleich auf den absoluten<br />
Grund gerichtet ist, bildet gleichsam die<br />
Mittelachse aller Arbeiten.<br />
<br />
Schon in den frühen dreißiger Jahren<br />
kritisierte Guardini den innerweltlichen<br />
Messianismus des NS-Regimes; er verwies<br />
auf den unlösbaren Nexus zwischen jüdischer<br />
Religion und christlichem Glauben,<br />
der sich schon aus der Existenz Jesu ergebe.<br />
In den beiden letzten Kriegsjahren lebte<br />
Guardini zurückgezogen in Mooshausen,<br />
dem Pfarrort seines Freundes Weiger.<br />
Erst nach 1945 konnte er seine öffentliche<br />
Wirksamkeit wieder aufnehmen, zunächst<br />
in Tübingen und drei Jahre später<br />
mit der Berufung auf das persönliche Ordinariat<br />
in München. Von hier aus entfaltete<br />
Guardini in den nächsten Jahren eine<br />
große Wirksamkeit. Sein virtuoser und<br />
zugleich zurückgenommener Vortragsstil<br />
wirkte weit in das Bürgertum hinein. In<br />
großen Zyklen, die sich stets der existentiellen<br />
Dimension des Denkens aussetzten,<br />
interpretierte er Platon, Augustinus,<br />
Dante, Pascal, Kierkegaard, Dostojewski<br />
und Hölderlin. Im Zentrum eines langjährigen<br />
Vorlesungszyklus stand aber die<br />
Ethik, bei Guardini verstanden als umfassende<br />
Lehre von der Kunst der Lebensgestaltung.<br />
Ergänzend dazu wirkte er als<br />
überzeugender, auf die Stunde hörender<br />
Prediger und Liturg in der St.-Ludwigs-<br />
Kirche bei den Münchener Universitätsgottesdiensten.<br />
<br />
1950 erschien die gleichermaßen essayistisch<br />
prägnante und wegweisende Studie<br />
''Das Ende der Neuzeit''. Guardini sieht die antike<br />
und mittelalterliche Weltsicht durch<br />
eine grundsätzliche Geschlossenheit und<br />
Ordnung, nicht zuletzt durch eine Harmonie<br />
gekennzeichnet, von der sich die Neuzeit<br />
ablöst. Diese Trennung vom Göttlichen<br />
und Hypostase des Endlichen berge<br />
immense Gefahren. Man hat dies als Ablehnung<br />
der Neuzeit mißverstanden. Deren<br />
Ressourcen sieht Guardini in der Tat<br />
an ihr Ende gelangt. Er eröffnet aber zugleich<br />
eine künftige Perspektive: auf den<br />
Glauben, der in der Moderne seine Selbstverständlichkeit<br />
verloren hat und damit<br />
ein neues eschatologisches Bewußtsein ermöglicht.<br />
Insgesamt ist Guardini nur zu<br />
verstehen, wenn man seinen janusköpfigen<br />
Blick, zurück in die Vergangenheit und<br />
in die offene nach-neuzeitliche Zukunft<br />
voraus, würdigt.<br />
<br />
{{Zitat|Die Personalität ist dem Menschen wesentlich;<br />
sie wird aber dem Blick erst deutlich,<br />
wenn sich durch die Offenbarung in Gotteskindschaft<br />
und Vorsehung das Verhältnis<br />
zum lebendig-personalen Gott erschließt.}}<br />
<br />
Grundlegend für Guardinis philosophische<br />
Morphologien und Phänomenologien<br />
ist seine Gegensatzlehre (u. a. 1925<br />
und 1955 in verschiedenen Fassungen vorgelegt).<br />
''Der Gegensatz'' verweist auf das unverfügbare<br />
Gesetz der Polarität und unterscheidet<br />
sich damit ebenso von der<br />
spekulativen Dialektik Hegels wie auch<br />
von der Dialektik der Paradoxalität bei<br />
Kierkegaard und in der Existenzphilosophie.<br />
Vom einzelnen Phänomen sucht<br />
Guardini in einem gleitenden Übergang<br />
auf das umgreifende Ganze zu gelangen und umgekehrt. Gegensätzlichkeit ist ihm<br />
zufolge »unableitbar«, weil ihre Pole nicht<br />
auseinander zu deduzieren und auch<br />
nicht aufeinander zurückzuführen sind.<br />
Überdies bedarf der Begriff der Anschauung<br />
und umgekehrt.<br />
<br />
Guardini sah sich selbst bewußt eher<br />
am Rande der akademischen Welt (es wird<br />
berichtet, daß er das Hörsaalgebäude, als<br />
Ausdruck von Distanz und Respekt gleichermaßen,<br />
vor jeder Vorlesung umrundete).<br />
So übte er eine legendäre Strahlkraft<br />
auf unterschiedliche Geister, von<br />
[[Hannah Arendt]] bis Viktor von Weizsäcker,<br />
aus, hatte aber im engeren akademischen<br />
Sinn kaum Schüler. Guardinis<br />
Denkstil war wesentlich künstlerisch<br />
bestimmt, weshalb er in den späten Jahren<br />
auch in der Münchener Akademie<br />
der Schönen Künste eine herausgehobene<br />
Wirkungsstätte finden sollte.<br />
<br />
In seiner Münchener Zeit wandte sich<br />
Guardinis Deutungskunst auch Phänomenen<br />
wie dem Film zu. Wenn er schon mit<br />
der Schrift ''Der Heiland'' 1935 eine profunde<br />
christliche Kritik der NS-Ideologie vorgelegt<br />
hatte, so konnte er daran 1950 mit der Untersuchung ''Der Heilsbringer'' anknüpfen,<br />
einer bahnbrechenden Studie für das Verständnis<br />
von totalitären Ideologien als Politische<br />
Religionen.<br />
<br />
Wenig bekannt ist Guardinis Bemühung<br />
um ein hegendes »Ethos der Macht«,<br />
das gegenüber den anonymen Mächten zur<br />
Geltung zu bringen sei, die seiner Diagnose<br />
gemäß immer deutlicher zutage treten,<br />
das aber auch die charismatische Macht<br />
und Herrschaft zu domestizieren weiß.<br />
<br />
== Schriften ==<br />
* ''Von heiligen Zeichen'', Würzburg 1922.<br />
* ''Der Gegensatz. Versuche zu einer Philosophie des Lebendig-Konkreten'', Mainz 1925.<br />
* ''Christliches Bewußtsein. Versuche über Pascal'', Leipzig 1935.<br />
* ''Der Herr. Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi'', Würzburg 1937 (16. Aufl. 1997).<br />
* ''Welt und Person. Versuche zur christlichen Lehre vom Menschen'', Würzburg 1939.<br />
* ''Der Tod des Sokrates'', Bern 1945.<br />
* ''Das Ende der Neuzeit. Ein Versuch zur Orientierung'', München 1950.<br />
* ''Die Macht. Versuch einer Wegweisung'', München 1951.<br />
* ''Ethik. Vorlesungen an der Universität München'', hrsg. v. Hans Mercker, 2 Bde., Ostfildern 1993.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* ''Berthold Gerner: Romano Guardini in München. Beiträge zu einer Sozialbiographie'', 3 Bde., München 1998–2005.<br />
* ''Franz Henrich: Romano Guardini'', Regensburg 1999.<br />
* ''Markus Zimmermann: Die Nachfolge Jesu Christi. Eine Studie zu Romano Guardini'', Paderborn 2004.<br />
<br />
{{Autor|Harald Seubert}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Guardini, Romano}}<br />
<br />
[[Kategorie:Vordenker]]</div>Adminhttps://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Herbert_GruhlHerbert Gruhl2019-07-15T05:52:05Z<p>Admin: Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Gruhl, Herbert''', :geb. 22. Oktober 1921 Gnaschwitz, :gest. 26. Juni 1993 Regensburg. Herbert Gruhl Herbert Gruhl war als…“</p>
<hr />
<div>:'''Gruhl, Herbert''',<br />
:geb. 22. Oktober 1921 Gnaschwitz,<br />
:gest. 26. Juni 1993 Regensburg.<br />
<br />
[[File:Gruhl.jpg|thumb|150px|Herbert Gruhl]]<br />
<br />
Herbert Gruhl war als Parteipolitiker und<br />
Publizist eine der wichtigsten Figuren des<br />
Versuchs, eine Öko-Partei zu gründen.<br />
Ohne Gruhl hätte es die »Grünen« nicht<br />
gegeben, mit ihm wären sie etwas ganz anderes<br />
geworden.<br />
<br />
Der Bauernsohn Gruhl, der 1957 über<br />
Hugo von Hofmannsthal promoviert wurde,<br />
war als Vertreter bäuerlicher Interessen 1969 für die CDU in den Bundestag<br />
gelangt und hatte sich zusammen<br />
mit dem damaligen Bundesvorstandsbeauftragten<br />
für Umweltfragen, Richard<br />
von Weizsäcker, um eine Profilierung der<br />
Union im neuen Themenbereich bemüht.<br />
Dies gelang zunächst auch für den Wahlkampf<br />
1972 mit dem »Programm für Umweltvorsorge<br />
«, in dem u. a. die Aussage<br />
eines notwendigen Wertewandels und<br />
einer Ausrichtung »stärker auf kulturelle<br />
als materielle Werte« stand. 1975 erschien<br />
Gruhls Buch ''Ein Planet wird geplündert'', das<br />
sich bald zu einem Bestseller entwickelte<br />
und Gruhls Namen deutschlandweit<br />
bekannt machte. Darin entwickelt Gruhl<br />
eine Generalkritik am westlichen Lebensstil,<br />
den er von Materialismus und Irrationalismus<br />
geprägt sieht. Er fordert die<br />
»planetarische Wende«, die wieder von<br />
den Grenzen, die die Erde vorgibt, denkt,<br />
um das Überleben der Menschheit zu sichern.<br />
Als Mittel dazu empfiehlt er einen<br />
starken Staat, der als Öko-Diktatur den<br />
Egoismus des einzelnen zugunsten des<br />
Ganzen zurückdrängt.<br />
<br />
Innerhalb der CDU wurde das Buch<br />
kaum öffentlich diskutiert, und die Partei<br />
ging ohne umweltpolitische Aussage in den<br />
Wahlkampf 1976. Daß Gruhl anschließend<br />
nicht mehr als Sprecher für Umweltfragen<br />
von Partei und Fraktion fungieren durfte,<br />
führte zur endgültigen Entfremdung von<br />
Gruhl mit seiner Partei, die er nicht mehr<br />
als seine politische Heimat empfand. Damit<br />
hatten die »Konservativen« bereits zu<br />
diesem Zeitpunkt ihre »Kronjuwelen« (Peter<br />
Glotz), ihr ureigenstes Thema, aus der<br />
Hand gegeben.<br />
<br />
Nachdem Gruhl öffentlich über die<br />
Notwendigkeit einer vierten Partei gesprochen<br />
hatte, trat er am 12. Juli 1978 aus<br />
der CDU aus und gründete einen Tag später<br />
die GAZ (Grüne Aktion Zukunft), mit<br />
der sich dann die AUD (Aktion unabhängiger Deutscher) des ehemaligen CSU-Vize<br />
August Hausleitner zusammenschloß.<br />
Dabei erschien zum erstenmal der Name<br />
DIE GRÜNEN/AUD. Das Programm war<br />
rein auf ökologische Anliegen ausgerichtet.<br />
Ein Jahr später entstand 1979 schließlich<br />
unter Beteiligung von GAZ, AUD und<br />
anderer die SPV (Sonstige Politische Vereinigung)<br />
»Die Grünen«. Auch hier sollten<br />
ideologische Richtungskämpfe zugunsten<br />
der Umweltthematik zurücktreten, wie<br />
der Slogan »Weder links noch rechts, sondern<br />
vorn« unterstrich.<br />
<br />
{{Zitat|Die Wachstumsfanatiker, die seit dem II.<br />
Weltkrieg die Welt in Ost und West beherrschen,<br />
haben die Völker in keinen geringeren<br />
Rausch versetzt als Hitler seinerzeit das deutsche<br />
Volk. Er versprach das Tausendjährige<br />
Reich in Macht und Wohlstand. Für ihn gab<br />
es keine anderen Grenzen als die Kraft seines<br />
eigenen Wollens. Nach zwölf Jahren war er<br />
an den Grenzen der Mitwelt gescheitert.}}<br />
<br />
Nach der Parteigründung im Januar<br />
wurde im März 1980 in Saarbrücken das<br />
Bundesprogramm der Grünen beschlossen.<br />
Gruhl verzichtete auf ein Vorstandsamt,<br />
da dieses Programm mehr der Logik<br />
des Habens als der des Seins verpflichtet<br />
wäre. Schon hier gründete sich die AGÖP<br />
(Arbeitsgemeinschaft Ökologische Politik<br />
bei den Grünen), die aus Mitgliedern der<br />
Grünen bestand, die des Übergewichts sozial-<br />
und minderheitspolitischer Themen<br />
leid waren. Dieses Übergewicht hielt an<br />
und verstärkte sich im Zuge der Parteiwerdung<br />
der Grünen. Unpopuläre Haltungen<br />
wie Wachstumskritik, Sparforderungen<br />
in der Sozialpolitik und Forderung<br />
nach Nachhaltigkeit konnten sich gegen<br />
die Emanzipationsbestrebungen der Parteilinken<br />
nicht durchsetzen.<br />
<br />
Gruhl trat im Januar 1981 aus der Grünen-<br />
Partei aus und gründete im Oktober 1981 die ÖDP mit. Doch der kairos ließ sich<br />
nicht wiederholen, und der Erfolg blieb<br />
aus. Einen großen Anteil daran hatten<br />
frühzeitig erhobene Faschismusvorwürfe<br />
gegen die neue Partei, die insbesondere<br />
an der Kritik am Ausländerzuzug nach<br />
Deutschland (und der damit verhinderten<br />
Bevölkerungsschrumpfung als Voraussetzung<br />
der Verringerung des Ressourcenverbrauchs,<br />
die sich bereits in Gruhls<br />
Bestseller findet) festgemacht wurden.<br />
Daraus folgte die Verwässerung des Programms,<br />
aus dem die Bevölkerungsfrage<br />
verschwand. Gruhl wurde schließlich<br />
1989 aus der Partei gedrängt. Seine Verbitterung<br />
darüber schlug sich in einem<br />
zunehmenden Pessimismus, wenn nicht<br />
gar Menschenfeindlichkeit, nieder.<br />
<br />
Seine wenigen verbliebenen Getreuen<br />
gaben die Hoffnung, parteipolitisch reüssieren<br />
zu können, auf. Sie bildeten die<br />
Unabhängigen Ökologen (UÖD), die die<br />
kleine Zeitschrift ''Ökologie'' herausgaben.<br />
Es ist bezeichnend für den weiteren Abstieg<br />
derer, die noch an dem ursprünglichen<br />
Impuls – der Verbindung von Kulturkritik,<br />
Apokalyptik und Naturschutz<br />
– festhielten, daß die UÖD schließlich in<br />
einer Gruhl-Gesellschaft aufging. Damit<br />
war das, was als Ansatz zu einer planetarischen<br />
Wende angefangen hatte, endgültig<br />
eine Sache historischer (personenbezogener)<br />
Erinnerung.<br />
<br />
== Schriften ==<br />
* ''Ein Planet wird geplündert. Die Schreckensbilanz unserer Politik'', Frankfurt a. M. 1975.<br />
* ''Das irdische Gleichgewicht. Ökologie unseres Daseins'', Düsseldorf 1982.<br />
* ''Der atomare Selbstmord'', München 1986.<br />
* ''Überleben ist alles. Erinnerungen'', München 1987.<br />
* ''Himmelfahrt ins Nichts. Der geplünderte Planet vor dem Ende'', München 1992.<br />
<br />
{{Autor|Reinhard Falter}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Gruhl, Herbert}}<br />
<br />
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