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<p><b>Neue Seite</b></p><div>:'''Bohrer, Karl Heinz,'''<br />
:geb. 26. September 1932 Köln.<br />
<br />
Karl Heinz Bohrer der konservativen Intelligenz<br />
zuzurechnen, ist eine heikle Angelegenheit.<br />
Zwar wird er heute oft als Konservativer<br />
apostrophiert, aber die Indizien<br />
für eine solche Standortzuschreibung sind<br />
doch nicht eindeutig zu nennen. Immerhin<br />
wird man sagen dürfen, daß Bohrer immer<br />
ein Interesse an der intellektuellen Rechten<br />
– allgemeiner: »der altbürgerlichen ebenso<br />
wie der aristokratischen Kultur in Deutschland<br />
« – hatte, aber seine politische Orientierung<br />
verlief eher in einer mäandernden Bewegung. <br />
<br />
In einer bürgerlichen Kölner Familie aufgewachsen,<br />
besuchte Bohrer eine Reformschule<br />
und legte 1953 das Abitur ab. Es folgte<br />
ein Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft<br />
und Geschichte, später noch der<br />
Philosophie, an den Universitäten Köln und<br />
Göttingen. 1957 legte er das Erste Staatsexamen<br />
ab und übernahm eine Tätigkeit als<br />
Lektor für deutsche Sprache am Deutschen<br />
Zentrum in Stockholm. Dieser Aufenthalt gab ihm Gelegenheit, Material für seine<br />
Dissertation zu sammeln, die er 1961 unter<br />
dem Titel »Der Mythos vom Norden. Studien<br />
zur romantischen Geschichtsprophetie<br />
« einreichte. In der Folge arbeitete Bohrer<br />
als Journalist, zuerst für das Feuilleton<br />
der Welt, seit 1968 als verantwortlicher Redakteur<br />
des Feuilletons der ''FAZ''.<br />
<br />
{{Zitat|Journalisten, liberal, wie sie mehrheitlich<br />
sind, haben die händlerische Vernunft mit<br />
Löffeln gegessen. Opportunistisch und voyeuristisch<br />
verstehen sie nicht die Symbole des<br />
Ernstfalls. Letztlich Unbeteiligte, verwandeln<br />
sie den Ernstfall immer in einen Verhandlungsfall<br />
und diesen dann in einen moralischmodernen<br />
Vorwurf gegen solche, die den<br />
Ernstfall begriffen und akzeptiert haben …}}<br />
<br />
In dieser Phase der Entwicklung konnte<br />
Bohrer als ausgesprochener Linker gelten.<br />
Jedenfalls bediente er sich des zeitgenössischen<br />
Jargons und öffnete den Kulturteil<br />
der Frankfurter Allgemeinen weit für den progressiven<br />
Zeitgeist. Aufgrund eines Konflikts<br />
mit Marcel Reich-Ranicki ging er aber<br />
1975 als Korrespondent nach London. Die<br />
Art seiner Berichterstattung aus dem Großbritannien<br />
der Ära Thatcher machte einen<br />
Sinneswandel deutlich, der wohl vor allem<br />
aus der Kontrasterfahrung zu verstehen<br />
war. Vor allem die Politikferne und Provinzialität<br />
der Bundesrepublik ging Bohrer<br />
zunehmend auf die Nerven, der alberne<br />
Versuch, die Welt mit dem »Ethos der Mainzelmännchen<br />
« zu verbessern. Seine Berichte<br />
aus dieser Zeit, vor allem während des<br />
Falklandkriegs, konnten durchaus als konservative<br />
Kulturkritik gelesen werden.<br />
<br />
Eine eindeutige Zuordnung vermied<br />
Bohrer aber. Eine Taktik, die auch an seiner<br />
Habilitationsschrift zu bemerken ist, deren<br />
Buchausgabe 1978 unter dem Titel Die Ästhetik<br />
des Schreckens. Die pessimistische Romantik<br />
und [[Ernst Jünger]]s Frühwerk erschien. Man<br />
hat es einerseits mit einer bestechenden<br />
Analyse zu tun, die sich ohne erkennbaren<br />
Vorbehalt einem damals verfemten Autor<br />
zuwendet, andererseits mit einem Buch, das<br />
der Faszination durch den behandelten Gegenstand<br />
nirgends nachgibt.<br />
<br />
Die Habilitation an der Fakultät für Linguistik<br />
und Literaturwissenschaft der Universität<br />
Bielefeld ermöglichte Bohrer, den<br />
Journalismus hinter sich zu lassen. 1982<br />
übernahm er den Lehrstuhl für neuere<br />
deutsche Literaturgeschichte in Bielefeld.<br />
Die aus dieser Position resultierende Unabhängigkeit,<br />
seit 1984 ergänzt um die Stellung<br />
als Herausgeber der einflußreichen<br />
Kulturzeitschrift ''Merkur'', erlaubte Bohrer<br />
in der Folgezeit, sich mit allen möglichen<br />
tabuierten Themen zu beschäftigen: vom<br />
Mythos bis zur deutschen »Gegenmoderne<br />
«. Zu einer schärferen Frontstellung gegenüber<br />
dem Mainstream kam es allerdings<br />
erst unter dem Eindruck der Vereinigung<br />
der deutschen Reststaaten. Bohrer gehörte<br />
Anfang der neunziger Jahre zu den ganz<br />
wenigen deutschen Intellektuellen, die die<br />
Einheit nicht nur begrüßten, sondern auf<br />
die Möglichkeit der Wiederanknüpfung an<br />
die spezifischen nationalen Geistestraditionen<br />
hofften. Seine Stellungnahmen seither<br />
– von der Vergangenheitsbewältigung bis<br />
zum »neuen Bürgertum« – erlauben es tatsächlich,<br />
ihn als einen der wichtigen Sprecher<br />
des zeitgenössischen Konservatismus<br />
zu betrachten.<br />
<br />
== Schriften ==<br />
* ''Die gefährdete Phantasie oder Surrealismus und Terror'', München 1970.<br />
* ''Die Ästhetik des Schreckens. Die pessimistische Romantik und Ernst Jüngers Frühwerk'', München 1978.<br />
* ''Ein bißchen Lust am Untergang. Englische Ansichten'', München 1979.<br />
* ''Nach der Natur. Über Politik und Ästhetik'', München 1988.<br />
* ''Provinzialismus. Ein physiognomisches Panorama'', München 2000.<br />
* ''Imaginationen des Bösen. Zur Begründung einer ästhetischen Kategorie'', München 2004.<br />
* ''Großer Stil. Form und Formlosigkeit in der Moderne'', München 2007.<br />
* ''Das Tragische. Erscheinung, Pathos, Klage'', München 2009.<br />
<br />
{{Autor|Karlheinz Weißmann}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Bohrer, Karl Heinz}}<br />
<br />
[[Kategorie:Vordenker]]</div>Admin