https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Helgoland&feed=atom&action=historyHelgoland - Versionsgeschichte2024-03-28T12:25:58ZVersionsgeschichte dieser Seite in Staatspolitisches Handbuch im NetzMediaWiki 1.32.0https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Helgoland&diff=279&oldid=prevAdmin: Die Seite wurde neu angelegt: „:'''In der Nordsee, vor der westfriesischen Küste''' Helgoland gehört formell erst seit dem sogenannten Helgoland-Sansibar-Vertrag von 1890 zu Deutschland.…“2016-09-26T13:30:41Z<p>Die Seite wurde neu angelegt: „:'''In der Nordsee, vor der westfriesischen Küste''' Helgoland gehört formell erst seit dem sogenannten Helgoland-Sansibar-Vertrag von 1890 zu Deutschland.…“</p>
<p><b>Neue Seite</b></p><div>:'''In der Nordsee, vor der westfriesischen Küste'''<br />
<br />
Helgoland gehört formell erst seit dem sogenannten Helgoland-Sansibar-Vertrag von 1890 zu Deutschland. Das Abkommen<br />
hatte das Reich mit Großbritannien geschlossen,<br />
seine Ansprüche auf ostafrikanische<br />
Territorien, darunter die Insel Sansibar,<br />
aufgegeben und im Gegenzug einige<br />
kolonialpolitische Zugeständnisse sowie<br />
die Hochseeinsel vor der deutschen Küste<br />
erhalten. In den Augen der Imperialisten<br />
jener Zeit – vor allem in den Reihen des Alldeutschen<br />
Verbandes – ein unverzeihlicher<br />
Fehler, tatsächlich eine Entscheidung,<br />
die sich langfristig zugunsten Deutschlands<br />
ausgewirkt hat: Überseebesitzungen<br />
hätten wir längst verloren, Helgoland<br />
ist uns geblieben, in vielem die »deutscheste« Insel.<br />
<br />
Seit unvordenklicher Zeit von Friesen<br />
besiedelt, hat Helgoland eine turbulente<br />
politische Geschichte hinter sich: lange<br />
zum Herzogtum Schleswig gehörend und deshalb von Kopenhagen, der dänischen<br />
Hauptstadt aus, regiert, dann durch<br />
die Engländer im Zuge der napoleonischen<br />
Kriege besetzt und 1814 formell als Kolonie<br />
angegliedert. Damit waren die Helgoländer<br />
nicht die einzigen deutschen Untertanen<br />
der britischen Krone (auch Hannover<br />
gehörte durch Personalunion zu deren<br />
Machtbereich); am alltäglichen Leben der<br />
Insel änderte sich wenig. Der in der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgenommene<br />
Kur- und Ferienbetrieb machte die Insel<br />
rasch zum Anziehungspunkt für ein reiselustiges<br />
bürgerliches Publikum, das bevorzugt<br />
vom deutschen Festland kam. Heine<br />
(➞ ''[[Loreley]]'') war darunter und bekanntermaßen<br />
Hoffmann von Fallersleben, der<br />
hier 1841 das »Lied der Deutschen« dichtete.<br />
<br />
Die enge Verbindung Helgolands mit<br />
der Nationalbewegung (➞ ''[[Wartburg]]'')<br />
wirkt deshalb so wenig zufällig, weil nicht<br />
nur die Rückkehr der Insel 1890 eine Welle<br />
patriotischer Begeisterung auslöste,<br />
die bis weit nach Süden reichte – Anton<br />
Bruckner komponierte aus dem Anlaß ein<br />
Chorwerk »Helgoland« –, sondern die Insel<br />
auch mit der Idee deutscher Seegeltung<br />
verknüpft wurde und immer als eine der<br />
besonders markanten Regionen Deutschlands<br />
galt. Das nutzte man wahlweise zur<br />
Werbung für den Tourismus oder heroische<br />
Stimmungen.<br />
<br />
Kam die Insel nach dem Ersten Weltkrieg<br />
noch glimpflich davon, war ihr nach<br />
dem Zweiten ein Schicksal zugedacht, das<br />
als symbolisch für das der ganzen Nation<br />
gelten konnte: »Helgoland ist ›bedingungslose<br />
Übergabe‹ als Schulbeispiel. So<br />
hätte sie sich überall auswirken können,<br />
ja, logisch weitergedacht, auswirken müssen<br />
… Aus Helgoland konnte die Austreibung<br />
bis zum letzten gelingen. Sie gelang<br />
auch aus den Provinzen östlich der Oder-<br />
Neiße-Linie und dem Sudetenland. Auch<br />
aus dem Ruhrgebiet war sie vorgeschlagen,<br />
und seine Industrie, seine Kohlenschächte<br />
sollten, gemäß dem Programm<br />
der zweiten Konferenz von Quebec vom<br />
September 1944, das Los von Helgoland<br />
erleiden. Das war offensichtlicher Wahnwitz,<br />
und so unterblieb es. Aber Helgoland<br />
ist klein und sein Fortfall bedeutet nicht<br />
viel für die europäische Wirtschaft. Daher<br />
konnte sich der Plan von Quebec an ihm<br />
voll auswirken.« Die von den Briten geplante<br />
Zerstörung der Insel wäre Anwendung<br />
des »Morgenthau-Plans« im kleinen<br />
gewesen: den Deutschen ein ewiges Menetekel,<br />
den Siegern ein wirtschaftlich und<br />
moralisch weniger bedenkliches Exempel<br />
als die Umsetzung für das ganze Reichsgebiet.<br />
<br />
Der zitierte Passus stammt aus dem offiziellen<br />
»Bericht«, den Hubertus Prinz zu<br />
Löwenstein nach der »friedlichen Invasion<br />
« Helgolands im Dezember 1950 durch<br />
einheimische Fischer, Studenten – auch<br />
aus der sowjetischen Zone –, einige Berufstätige<br />
und einen jungen Amerikaner<br />
veröffentlicht hat, und er zeigt, mit welcher<br />
Deutlichkeit und welcher Schärfe<br />
man damals noch die deutsche Lage beurteilen<br />
konnte. Daß Helgoland zwei Jahre<br />
später an die Bundesrepublik zurückgegeben<br />
wurde, die Royal Air Force auf<br />
weitere Übungsabwürfe verzichtete und<br />
man den Einwohnern die Heimkehr ermöglichte,<br />
wurde von der Bevölkerung<br />
mit einer Genugtuung zur Kenntnis genommen,<br />
die nur mit der bei der Wiedereingliederung<br />
des Saarlandes verglichen<br />
werden kann.<br />
<br />
Es gehört zu den Seltsamkeiten der politischen<br />
Helgoland-Debatte am Anfang<br />
der fünfziger Jahre, daß sie sich mit einer<br />
anderen, wenn man so will: prähistorischen,<br />
überschnitt. Grund war der Erfolg<br />
des Buches ''Das enträtselte Atlantis'', das<br />
1953 von Jürgen Spanuth, einem evanglischen Geistlichen, veröffentlicht wurde.<br />
Spanuths These lautete kurz gefaßt,<br />
daß Helgoland und Atlantis identisch seien<br />
bzw., daß die Insel den verbliebenen<br />
Rest des sagenhaften Inselreiches bilde,<br />
das durch eine Naturkatastrophe vernichtet<br />
worden sei, die dessen Einwohner<br />
gezwungen habe, nach Süden zu ziehen,<br />
wo sie im Kontext der »dorischen Wanderung« Griechenland besetzt hätten und<br />
im Bündnis mit anderen »Seevölkern« bis<br />
in das Nildelta vorgedrungen seien. Eine<br />
Idee, die er mit einem erheblichen Maß<br />
an Spürsinn und Gelehrsamkeit begründete<br />
– etwa durch die Identifizierung des<br />
von Platon erwähnten Stoffes »Oreichalkos<br />
« mit dem Bernstein – und so nicht nur<br />
ein Massenpublikum fand, sondern auch<br />
heftigen Widerspruch auslöste und sogar<br />
die akademische Archäologie und Vorgeschichtsforschung<br />
zu Stellungnahmen<br />
zwang.<br />
<br />
Trotz des Erfolgs von Spanuth blieb der<br />
Einfluß seiner Interpretation begrenzt.<br />
Eine besondere Bedeutung Helgolands in<br />
der Vergangenheit haben aber auch viele<br />
andere vermutet. Der Name wird gelegentlich<br />
auf ein altnordisches »Heligoland« für »heiliges Land« zurückgeführt<br />
und manchmal eine Beziehung zur »Basileia« also etwa »Königsinsel« hergestellt,<br />
von der ein griechischer Autor der Antike<br />
sprach, der über die germanischen Völker<br />
berichtete. Das alles führt aber in den Bereich<br />
der Spekulation und erhöht die Anziehungskraft<br />
der Insel nur um Weniges,<br />
die bis heute vor allem ein Reiseziel ist,<br />
wenngleich man die roten Felsen, die im<br />
Meer so schroff aufragen, kaum ohne innere<br />
Bewegung sehen kann.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Heike Grahn-Hoek: ''Roter Flint und Heiliges Land. Helgoland zwischen Vorgeschichte und Mittelalter'', Neumünster 2009.<br />
* Jürgen Spanuth: ''Das enträtselte Atlantis'', Stuttgart 1953.<br />
<br />
{{Autor|Karlheinz Weißmann}}<br />
<br />
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