https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Die_Schweigespirale&feed=atom&action=historyDie Schweigespirale - Versionsgeschichte2024-03-29T15:49:08ZVersionsgeschichte dieser Seite in Staatspolitisches Handbuch im NetzMediaWiki 1.32.0https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Die_Schweigespirale&diff=607&oldid=prevAdmin: Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Die Schweigespirale'''. Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut, :Elisabeth Noelle-Neumann, München: Piper 1980. Auf Basis von Umfrageergebnissen zu…“2017-03-02T15:15:48Z<p>Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Die Schweigespirale'''. Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut, :Elisabeth Noelle-Neumann, München: Piper 1980. Auf Basis von Umfrageergebnissen zu…“</p>
<p><b>Neue Seite</b></p><div>:'''Die Schweigespirale'''. Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut,<br />
:Elisabeth Noelle-Neumann, München: Piper 1980.<br />
<br />
Auf Basis von Umfrageergebnissen zu den<br />
Bundestagswahlen 1965 sowie 1972 und<br />
der Auswertung ideengeschichtlicher Ansätze<br />
zur öffentlichen Meinung hat Elisabeth<br />
Noelle-Neumann über Jahrzehnte<br />
hinweg die Theorie der Schweigespirale<br />
entwickelt. Diese beinhaltet, daß diejenigen,<br />
deren Meinung öffentlich anerkannt<br />
ist, zum Reden neigen. Die anderen tendieren<br />
aus Isolationsfurcht zum Schweigen.<br />
Die Gründerin des Instituts für Demoskopie<br />
Allensbach nimmt an, daß jedes Individuum<br />
einen quasi-statistischen Sinn besitzt,<br />
der im Unterbewußtsein die eigenen<br />
Meinungen mit denen der Mehrheit abgleicht.<br />
Wenn sich das Individuum dann<br />
»vor aller Augen« dem Urteil der Öffentlichkeit<br />
stellen muß, fällt es ihm aufgrund<br />
seiner sozialen Natur schwer, vom Konsens<br />
abweichende Meinungen zu vertreten.<br />
<br />
Die Erforschung der öffentlichen Meinung<br />
war das Lebensthema von Noelle-<br />
Neumann. Bereits in ihrer Promotion über<br />
»Meinungs- und Massenforschung in den<br />
USA« suchte sie nach ersten Ansätzen zum<br />
empirischen Nachweis des Meinungsklimas.<br />
In Deutschland avancierte sie zur bedeutendsten<br />
Pionierin auf diesem Gebiet.<br />
<br />
Seit der vierten Auflage ihres Werkes,<br />
1996, unterscheidet Noelle-Neumann zwischen<br />
einer manifesten und latenten Funktion<br />
der öffentlichen Meinung. Als manifest<br />
bezeichnet sie den demokratietheoretischen<br />
Ansatz, Öffentlichkeit als eine Kontrollinstanz<br />
zur Regierung anzusehen. In der latenten<br />
Funktion sieht sie jedoch den wirkmächtigeren<br />
Prozeß, durch den sozialpsychologisch<br />
Konformitätsdruck ausgeübt wird, um die<br />
Bürger in die Gesellschaft zu integrieren. Damit<br />
widerspricht die Theorie der Schweigespirale<br />
dem Ideal des mündigen Bürgers.<br />
<br />
International wurde das Werk kontrovers<br />
diskutiert. In Deutschland warf man Noelle-<br />
Neumann vor, sich mit ihrer Theorie parteiisch<br />
im Hinblick auf die Konservativen zu<br />
zeigen, da sie die maßgebliche Medienmacht<br />
in den Siebzigern in den Händen der Linken<br />
sah. Diese Kritik greift jedoch zu kurz,<br />
weil ihre Theorie genauso funktioniert,<br />
wenn die Konservativen die Medien dominieren<br />
würden. Aufgrund ihrer Tätigkeit für<br />
die Zeitung ''Das Reich'' im Nationalsozialismus<br />
wurde Noelle- Neumann immer wieder<br />
persönlich angegriffen. Der US-Kommunikationswissenschaftler<br />
Christopher Simpson<br />
kam 1996 zu dem Ergebnis, ihr gesamtes<br />
Werk sei durchzogen von rassistischen und<br />
demokratiefeindlichen<br />
Tendenzen. Deutlich<br />
sachlicher und in einer<br />
der Debatte dienlichen<br />
Art und Weise positionierte sich der Systemtheoretiker<br />
Niklas Luhmann zur ''Schweigespirale''.<br />
Er hielt es nicht für sinnvoll, der<br />
öffentlichen Meinung eine psychische Dimension<br />
zuzuschreiben. Folglich könne man<br />
auch nicht von einer »latenten Öffentlichkeit<br />
« sprechen. Das soziale System der Massenmedien<br />
erfülle die einzigartige Funktion,<br />
öffentliche Kommunikation möglich zu machen<br />
und nicht, sie in bestimmtem Maße zu<br />
verhindern.<br />
<br />
{{Zitat|Die Theorie der Schweigespirale geht davon aus, daß die Gesellschaft – nicht nur Gruppen, die sich kennen – vom Konsensus abweichende Individuen mit Isolation, mit Ausstoßen bedroht und daß andererseits die Individuen eine meist unbewußte, wahrscheinlich genetisch verankerte Isolationsfurcht haben. Diese Isolationsfurcht veranlaßt sie, sich ständig zu vergewissern, was an Meinungen und Verhaltensweisen in der Umwelt gebilligt und was mißbilligt wird, und welche Meinungen und Verhaltensweisen zunehmen und welche abnehmen.}}<br />
<br />
Diskussionswürdig sind zudem die der<br />
Schweigespirale zugrundeliegenden Prämissen.<br />
So ist erstens zu bezweifeln, daß<br />
der Mensch tatsächlich einen quasi-statistischen<br />
Sinn besitzt. Umfragen belegen,<br />
daß viele Menschen das Meinungsklima<br />
nicht korrekt einschätzen können. Zweitens<br />
hat Noelle-<br />
Neumann keine zufriedenstellende<br />
Antwort auf die Gleichgültigkeit<br />
der Massen und Phänomene wie<br />
Politikverdrossenheit parat. Sie geht implizit<br />
davon aus, daß sich jeder eine Meinung<br />
bilden will. Drittens überschätzt sie<br />
die Macht der Medien und berücksichtigt<br />
die Öffentlichkeitsarbeit (PR) von Parteien,<br />
Verbänden und Unternehmen nur ungenügend.<br />
<br />
Trotz dieser Mängel liefert die Theorie<br />
der Schweigespirale wichtige Erkenntnisse<br />
zur Wirkmächtigkeit des Meinungsklimas.<br />
Insbesondere die in den neueren<br />
Auflagen getätigten Aussagen zum Zusammenhang<br />
von öffentlicher Meinung<br />
und kollektiven Emotionen sind wegweisend,<br />
aber bisher nur wenig weitergedacht.<br />
Noelle-Neumann deutet hier an,<br />
daß die Wahrnehmung des Meinungsklimas<br />
nicht unbedingt durch einen<br />
Abgleich mit der ominösen Mehrheit feinjustiert<br />
wird, sondern die emotionalen<br />
Erlebnisse des einzelnen viel ausschlaggebender<br />
sind. Wenn sein Umfeld auf seine<br />
Meinung mit einem wohlwollenden Lächeln<br />
reagiert, stärkt dies seinen Stolz<br />
und seine Selbstsicherheit. Gerät man<br />
hingegen durch eigene Äußerungen<br />
in peinliche Situationen, entfaltet sich ein<br />
Gefühl der Scham, das dem Individuum<br />
die Gefährdung seines »sozialen Bandes«<br />
anzeigt.<br />
<br />
== Ausgabe ==<br />
<br />
* 6., erweiterte Neuauflage, München: Langen-Müller 2001.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Thomas Roessing: ''Öffentliche Meinung. Die Erforschung der Schweigespirale'', Baden-Baden 2009.<br />
* Jürgen Wilke (Hrsg.): ''Öffentliche Meinung. Theorie, Methoden, Befunde. Beiträge zu Ehren von Elisabeth Noelle-Neumann'', Freiburg/München 1992.<br />
<br />
{{Autor|Felix Menzel}}<br />
<br />
<br />
{{SEITENTITEL:''Die Schweigespirale''}}<br />
{{SORTIERUNG:Schweigespirale}}<br />
<br />
[[Kategorie:Werk]]</div>Admin