https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Der_europ%C3%A4ische_B%C3%BCrgerkrieg_1917%E2%80%931945&feed=atom&action=historyDer europäische Bürgerkrieg 1917–1945 - Versionsgeschichte2024-03-29T15:42:07ZVersionsgeschichte dieser Seite in Staatspolitisches Handbuch im NetzMediaWiki 1.32.0https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Der_europ%C3%A4ische_B%C3%BCrgerkrieg_1917%E2%80%931945&diff=448&oldid=prevAdmin: Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Der europäische Bürgerkrieg 1917–1945'''. Nationalsozialismus und Bolschewismus, :Ernst Nolte, Frankfurt a. M./Berlin: Propyläen 1987. Nachdem Ernst…“2017-01-04T09:45:28Z<p>Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Der europäische Bürgerkrieg 1917–1945'''. Nationalsozialismus und Bolschewismus, :Ernst Nolte, Frankfurt a. M./Berlin: Propyläen 1987. Nachdem Ernst…“</p>
<p><b>Neue Seite</b></p><div>:'''Der europäische Bürgerkrieg 1917–1945'''. Nationalsozialismus und Bolschewismus,<br />
:Ernst Nolte, Frankfurt a. M./Berlin: Propyläen 1987.<br />
<br />
Nachdem Ernst Nolte in ''Faschismus in seiner Epoche'' sowie in ''Marxismus und Industrielle Revolution'' die ideologiegeschichtlichen Ursprünge von Nationalsozialismus und Bolschewismus<br />
erschlossen hatte, lag es in der<br />
Logik der Sache, daß er auch die weltpolitische<br />
Eskalation ihres unversöhnlichen<br />
Konflikts darstellen würde. Entsprechend<br />
finster und fatalistisch fiel Noltes Panorama<br />
des »europäischen Bürgerkriegs« aus,<br />
worin er seine ideologiehistorische Perspektive<br />
realhistorisch zuspitzt und robuste<br />
Konsequenzen aus lange zuvor niedergelegten<br />
Prämissen zieht.<br />
<br />
{{Zitat|Die Endlösung ist in einem nicht bloß trivialen Sinne einzigartig. Als tendenziell vollständige Vernichtung eines Welt-Volkes unterscheidet sie sich wesentlich von allen Genoziden und ist das genaue Gegenbild zur tendenziell vollständigen Vernichtung einer Welt-Klasse durch den Bolschewismus, und insofern ist sie die biologistisch umgeprägte Kopie des sozialen Originals. Aber eben deshalb ist sie keine bloß biologische Vernichtung, sondern eine transzendentale Vernichtung – sie bedeutet eine Entscheidung im Hinblick auf den Geschichtsprozeß im ganzen, eine Entscheidung gegen den Fortschritt.}}<br />
<br />
Überdies nimmt Nolte für sein Grundverständnis<br />
des Nationalsozialismus wichtige<br />
Akzentverschiebungen vor, indem er<br />
anstelle des Antisemitismus vielmehr den<br />
Antibolschewismus ins Zentrum der Betrachtung<br />
rückt und diesen nicht mehr<br />
vorrangig auf einen irrationalen Wahn<br />
oder kalkulierte Propaganda reduziert,<br />
sondern auch eine Reaktionsbildung mit<br />
einem rationalen Kern und klarem Realitätsbezug<br />
darin erkennt. Wenn freilich<br />
der Bolschewismus nicht nur ein imaginäres<br />
Feindbild, sondern einen realen Feind<br />
der liberalen Systeme Deutschlands und<br />
ganz Europas darstellte, dann kann selbst<br />
dem Nationalsozialismus als der radikalsten<br />
Reaktion, die jener hervorrufen sollte,<br />
nicht mehr in jeder Hinsicht ein historisches<br />
Recht abgesprochen werden. Nach<br />
seiner epochalen Umgrenzung des europäischen<br />
Faschismus setzt Nolte diesen nunmehr<br />
zu dem epochenübergreifenden und<br />
globalen Phänomen des Kommunismus in<br />
Beziehung und reißt damit insbesondere<br />
den deutschen Radikalfaschismus aus seiner<br />
nationalen Isolation heraus, in die ihn<br />
eine negativ-nationalistische Geschichtsschreibung<br />
verbannt hatte.<br />
<br />
Sein Augenmerk mehr auf die schrecklichen<br />
als die verheißungsvollen Züge des<br />
Bolschewismus richtend, wirft Nolte die<br />
Frage auf, ob nicht mit dessen ideologisch<br />
begründeten Massenverbrechen ein Präzedens<br />
geschaffen wurde, welches den nationalsozialistischen<br />
Verbrechen nicht nur<br />
historisch vorausgeht, sondern ihnen auch<br />
konditional zugrundeliegt. Noltes verstörende<br />
Antwort, daß der »Rassenmord« an<br />
den Juden als eine ins Wahnhafte überschießende<br />
Vergeltungsmaßnahme für<br />
den »Klassenmord« an den Kulaken angesehen<br />
werden darf, beruht auf einer umfassenden<br />
Sichtung bis dahin kaum bekannten<br />
historischen Materials. Energisch<br />
widerspricht Nolte der weitverbreiteten<br />
Ansicht, es sei in der Sowjetunion erst unter<br />
Stalin zu gezieltem Massenterror gekommen,<br />
während Lenin noch einen zwar<br />
harten, aber gerechten Klassenkampf geführt<br />
habe.<br />
<br />
Gerade Nationalsozialisten der ersten<br />
Stunde wie Erwin Scheubner-Richter und<br />
Alfred Rosenberg rekrutierten sich aus<br />
Zirkeln deutschstämmiger russischer Emigranten,<br />
welche die in ihren Augen jüdisch-<br />
bolschewistische Oktoberrevolution<br />
noch als unmittelbare Lebensbedrohung<br />
erfahren hatten. Aber auch für Hitlers<br />
Fühlen und Denken sollten Furcht und<br />
Haß, die sich in den Willen zu militanter<br />
Gegenwehr und massiver Vergeltung umsetzten,<br />
angesichts seiner Erfahrungen<br />
mit den deutschen Kommunisten und ihren zahlreichen jüdischen Führern allbestimmend<br />
werden. Um zum »Zerbrecher<br />
des Marxismus« werden zu können, suchte<br />
er eine antibolschewistische Partei von<br />
bolschewistischer Geschlossenheit aufzubauen<br />
und München zum Moskau seiner<br />
Bewegung zu machen, nicht ohne den roten<br />
Terror und die rote Propaganda unter<br />
braunen Vorzeichen zu kopieren und das<br />
Feindbild des »Kapitalisten« mit dem des<br />
»Juden« zu parieren. Dergestalt fungierte<br />
der Bolschewismus für den Nationalsozialismus<br />
als »Schreckbild und Vorbild zugleich«.<br />
<br />
Nach Maßgabe dieser Dialektik von bolschewistischer<br />
Revolution und radikalfaschistischer<br />
Gegenrevolution entwickelt<br />
Nolte seine historisch-genetische Totalitarismustheorie,<br />
die sich als Synthese aus<br />
der dynamischen Faschismustheorie und<br />
der statischen Totalitarismustheorie präsentiert:<br />
Der nationalsozialistische Totalitarismus<br />
formierte sich als »feindliche<br />
Imitation« des bolschewistischen, und diese<br />
historische Kausalität generierte ihre<br />
strukturelle Parallelität. Diese komplexe<br />
Theorie verdichtet Nolte schließlich<br />
zur plakativen These eines »kausalen Nexus<br />
« zwischen den Vernichtungsmaßnahmen<br />
der einander äußerlich feindlichen,<br />
inwendig jedoch verwandten Totalitarismen:<br />
Sowenig es Hitler ohne Lenin gegeben<br />
hätte, sowenig wäre es ohne den Gulag<br />
zu Auschwitz gekommen. Noltes vielfach<br />
als »vollständige Determination« mißverstandener<br />
Begriff des Kausalnexus meint<br />
indessen lediglich eine als conditio sine qua<br />
non aufzufassende »ursächliche Verknüpfung<br />
«. Insofern hebt Nolte weniger auf<br />
eine naturalistische Erklärung historischer<br />
Vorgänge ab als auf das hermeneutische<br />
Verstehen einer epochalen Herausforderung<br />
und ihrer exzessiven Erwiderung.<br />
<br />
Dabei trifft Nolte eine »logische Unterscheidung<br />
zwischen angsterzeugender Erfahrung<br />
und ideologiestiftendem Schlüssel<br />
«, um Hitlers bolschewistisches Trauma<br />
gegenüber dessen antisemitischer Bewältigung<br />
genealogisch zu priorisieren. Ursprünglich<br />
verstand sich Hitlers rassenantisemitische<br />
Geschichtsmythologie als<br />
biologistischer Gegenentwurf zur marxistischen<br />
Geschichtsphilosophie. Aber erst<br />
der politische Mythos des »jüdischen Bolschewismus<br />
« induzierte und sanktionierte<br />
jene Kausalität der Vernichtung, die<br />
Goebbels<br />
»ein barbarisches, aber vollauf<br />
gerechtfertigtes Strafgericht« nannte, da<br />
es nur billig sei, die Juden in die Lager zu<br />
sperren, die sie unter Trotzkis Kommando<br />
selbst errichtet hätten.<br />
<br />
Der ''Europäische Bürgerkrieg'' stellt das<br />
umstrittenste der großen Werke Noltes<br />
dar. Dessen Kernthesen, die Nolte in seinem<br />
FAZ-Artikel »Vergangenheit, die nicht<br />
vergehen will« (6. Juni 1986) bereits vorab<br />
publiziert hatte, provozierten den »Historikerstreit<br />
« und blockierten zumal in<br />
Deutschland eine angemessene Rezeption<br />
des Werkes, dem Geschichtsrevisionismus<br />
und Relativierung des Holocaust vorgeworfen<br />
wurden.<br />
<br />
== Ausgabe ==<br />
<br />
*6. Auflage, München: Herbig 2000.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Siegfried Gerlich: ''Ernst Nolte. Portrait eines Geschichtsdenkers'', Schnellroda 2009.<br />
* François Kai-Uwe Merz: ''Das Schreckbild. Deutschland und der Bolschewismus 1917 bis 1921'', Berlin/Frankfurt a. M. 1995.<br />
<br />
{{Autor|Siegfried Gerlich}}<br />
<br />
{{SEITENTITEL:''Der europäische Bürgerkrieg 1917–1945''}}<br />
{{SORTIERUNG:Europäische Bürgerkrieg 1917–1945}}<br />
<br />
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