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<p><b>Neue Seite</b></p><div>:'''Der Waldgang'''. <br />
:Ernst Jünger, Frankfurt a. M.: Klostermann 1951.<br />
<br />
Nach dem Kriegsende 1945 hatte Jünger<br />
im besetzten Deutschland zunächst Veröffentlichungsverbot.<br />
Er weigerte sich, den<br />
alliierten Fragebogen zur Entnazifizierung<br />
auszufüllen und machte damit nicht zuletzt<br />
seine Distanz zu solchen Methoden<br />
deutlich. Jünger nutzte diese Zeit, schrieb<br />
den Roman ''Heliopolis'' (1949) und bereitete<br />
die Tagebücher ''Strahlungen'' (1949) für den<br />
Druck vor. So konnte er sich bei Aufhebung<br />
des Publikationsverbotes mit zwei umfangreichen<br />
Werken in der Öffentlichkeit<br />
zurückmelden. Im Anschluß daran begann<br />
Jünger, sich mit einigen vielbeachteten Essays<br />
zu Gegenwartsfragen im politischen<br />
Koordinatensystem Nachkriegsdeutschlands<br />
zu positionieren. In ihnen nahm er<br />
zum drohenden Nihilismus, zum Verlust<br />
der Freiheit und zum Ost-West-Konflikt<br />
Stellung.<br />
<br />
Am gültigsten von diesen Büchern dürfte<br />
bis heute der ''Waldgang'' sein, der sich mit<br />
der Gefährdung der persönlichen Freiheit<br />
in der Gegenwart befaßt. Bei seinem<br />
Erscheinen mußte er irritieren, da Jünger<br />
das Jahr 1945 gerade nicht als einen<br />
Wendepunkt interpretiert, der mit dem<br />
Sieg der Alliierten mehr Freiheit gebracht<br />
habe. Er sieht vielmehr eine durchgehende<br />
Tendenz des ganzen Zeitalters, den einzelnen<br />
zu versklaven. Hinzu kommt, daß<br />
Jünger in der Freiheitsfrage keine Unterscheidung<br />
zwischen Ost und West macht.<br />
Parlamentarische Demokratie und sozialistische<br />
Volksdemokratie sind zwei Gesichter<br />
derselben Tendenz. Wahlen werden<br />
zu Plebisziten, weil der Bedarf an Zustimmung<br />
groß ist und auf diese Weise auch<br />
die widerständige Minderheit eingebunden<br />
werden kann. Jünger schildert anhand<br />
des Wahlvorgangs, der sich scheinbar frei<br />
vollzieht, die Abhängigkeit des einzelnen<br />
von den Erwartungen, die offen oder indirekt<br />
an ihn herangetragen werden. Deshalb<br />
sind die Zahlen von Wahlergebnissen,<br />
Umfragen und Statistiken bedeutungslos,<br />
sie spiegeln die Wahrheit nicht wider. Der<br />
einzelne muß, fordert Jünger, sich außerhalb<br />
dieser Bezugsgrößen bewähren, dort,<br />
wo andere Ansprüche gestellt werden.<br />
<br />
Der Waldgänger, der von Jünger ähnlich<br />
metaphorisch entwickelt wird wie zwanzig<br />
Jahre zuvor der Arbeiter, ist jemand, der<br />
diesen Schritt gewagt hat. Er repräsentiert<br />
damit eine Minderheit, die sich durch Erbe<br />
und Talent vom Rest abhebt. Die Überwachung<br />
erfordert die Benutzung der ausweichenden<br />
Wege, die in den Wald führen und<br />
damit in den Bereich, der dem bloßen Blick<br />
von außen verborgen ist. Der Waldgang ist<br />
eine neue Konzeption der Freiheit und bedeutet<br />
Widerstand in einem besonderen<br />
Sinn. Jünger gebraucht hierzu das alte Bild<br />
vom Schiff, an dessen Bord wir uns befinden,<br />
weil wir unserem zeitlichen Sein nicht<br />
entkommen können. Der einzige Ausweg<br />
ist das überzeitliche Sein, der Waldgang.<br />
Der Mut, der zu diesem Weg gehört, ist selten.<br />
Jünger ist sich dennoch sicher, daß<br />
diese Mutigen auftauchen werden. Nicht<br />
zuletzt, weil den einen oder anderen Zögernden,<br />
der die Eignung zum Waldgang<br />
hat, die Verhältnisse auf diesen Weg zwingen<br />
werden.<br />
<br />
{{Zitat|Der Widerstand des Waldgängers ist absolut,<br />
er kennt keine Neutralität, keinen Pardon,<br />
keine Festungshaft. Er erwartet nicht, daß<br />
der Feind Argumente gelten läßt, geschweige<br />
denn ritterlich verfährt. Er weiß auch, daß,<br />
was ihn betrifft, die Todesstrafe nicht aufgehoben<br />
wird.}}<br />
<br />
Der Widerstand, den Jünger meint,<br />
ist absolut und führt durch Tod, Zweifel,<br />
Schmerz und Einsamkeit hindurch. Dabei<br />
denkt Jünger nicht mehr nationalistisch und verbindet ausdrücklich auch keine<br />
»antiöstliche Absicht« mit dem Essay. Eine<br />
Tendenz in dieser Hinsicht läßt sich lediglich<br />
an Jüngers Bemerkungen zum Wert<br />
des Eigentums ablesen, das ein Garant der<br />
Freiheit darstellt – jedoch nur, wenn man<br />
selbst in der Lage ist, es zu verteidigen.<br />
<br />
Die deutlichen existenzphilosophischen<br />
Anklänge entsprachen dem Denken der<br />
Zeit und sorgten für eine positive Aufnahme<br />
des Essays. In zwei Jahren erschienen<br />
schnell hintereinander vier Auflagen, zahlreiche<br />
Besprechungen beschäftigten sich<br />
mit dem Buch. Seine Absage an den Kollektivismus<br />
war in vielerlei Hinsicht ausdeutbar<br />
und reichte von der Betonung des Partisanenhaften<br />
des Waldgängers bis hin zum<br />
Vorwurf des Snobismus. Bemängelt wurde,<br />
u. a. von Ernst Niekisch, daß Jünger nur Kritik<br />
aber keine politische Perspektive anbieten<br />
könne. Doch gründet vermutlich gerade<br />
darin der Erfolg, den der Begriff des Waldgängers<br />
unabhängig von Jüngers Essay bis<br />
heute hat: Er bringt eine zeitlose Alternative<br />
auf den Punkt.<br />
<br />
== Ausgabe ==<br />
* 13. Auflage, Stuttgart: Klett-Cotta 2008.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Ernst Niekisch: ''Der Waldgang'', in: ''Sezession'' (2008), Heft 22: ''Ernst Jünger''.<br />
<br />
{{Autor|Erik Lehnert}}<br />
<br />
{{SEITENTITEL:''Der Waldgang''}}<br />
{{SORTIERUNG:Waldgang}}<br />
<br />
[[Kategorie:Werk]]</div>Admin