https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=D%C3%BCsseldorf_%E2%80%93_Golzheimer_Heide&feed=atom&action=historyDüsseldorf – Golzheimer Heide - Versionsgeschichte2024-03-29T12:35:23ZVersionsgeschichte dieser Seite in Staatspolitisches Handbuch im NetzMediaWiki 1.32.0https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=D%C3%BCsseldorf_%E2%80%93_Golzheimer_Heide&diff=260&oldid=prevAdmin: Die Seite wurde neu angelegt: „»Die drei Nornen«, so heißt das elf Meter hohe Monument des Bildhauers Jupp Ruebsam am westlichen Rande des Düsseldorfer Nordfriedhofs. Wenige Meter dahint…“2016-09-22T16:22:32Z<p>Die Seite wurde neu angelegt: „»Die drei Nornen«, so heißt das elf Meter hohe Monument des Bildhauers Jupp Ruebsam am westlichen Rande des Düsseldorfer Nordfriedhofs. Wenige Meter dahint…“</p>
<p><b>Neue Seite</b></p><div>»Die drei Nornen«, so heißt das elf Meter<br />
hohe Monument des Bildhauers Jupp Ruebsam<br />
am westlichen Rande des Düsseldorfer<br />
Nordfriedhofs. Wenige Meter dahinter<br />
pulsiert die Bundesstraße 8, die hier als Zufahrt für Messe, Stadion und Flughafen<br />
dient. Die drei Nornen: Seit dem<br />
Volkstrauertag des Jahres 1958 symbolisieren<br />
die Frauengestalten Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft. Das düstere<br />
Trio gemahnt an die »Opfer des Feldes,<br />
der Heimat und des politischen Terrors«<br />
und bildet den zirkelgenauen Mittelpunkt<br />
einer kreisrunden Fläche von knapp 50<br />
Metern, auf der mehrere Fußwege zusammenlaufen.<br />
Exakt an dieser Stelle endete<br />
ehedem die 1,4 Kilometer lange Hauptachse<br />
der 1937 gezeigten Reichsausstellung<br />
»Schaffendes Volk« an ihrer östlichen Seite.<br />
Und exakt hier ragte 14 Jahre lang ein<br />
Stahlkreuz in die Höhe, das seit 1931 eine<br />
nationale Pilgerstätte geworden war und<br />
nach 1945 restlos entfernt wurde. Es ist der<br />
Ort der Hinrichtung des Freikorpskämpfers<br />
Albert Leo Schlageter.<br />
<br />
Das 27 Meter hohe Kreuz bildete den optischen<br />
Schwerpunkt der einstigen Schlageter-<br />
Gedenkstätte. Zu Füßen des Kreuzes<br />
lag ein großer Steinsarkophag, dem zugleich<br />
die Funktion eines altarähnlichen<br />
Sockels zukam. Er trug die Worte des Arbeiterdichters<br />
Heinrich Lersch: »Deutschland<br />
muß leben, auch wenn wir sterben<br />
müssen.« Ergänzt wurde das Ensemble<br />
durch einen unterirdischen Gedenkraum<br />
und einen kreisförmigen Hof von vier Metern<br />
Tiefe mit einem Durchmesser von 28<br />
Metern. Weiter befanden sich 141 Gedenksteine<br />
für die Opfer des Ruhrkampfes bei<br />
der Gruft. Entworfen hatte die Anlage der<br />
Architekt Clemens Holzmeister, eingeweiht<br />
wurde sie am 23. Mai 1931, auf den<br />
Tag genau acht Jahre nachdem Schlageter<br />
an dieser Stelle durch die Kugeln französischer<br />
Besatzungssoldaten den Tod fand.<br />
Obwohl die Gesamtanlage nur 10 000 Personen<br />
Platz bot, sollen an die 50 000 Menschen<br />
an den Feierlichkeiten teilgenommen<br />
haben. Seinerzeit war die riesige Brache<br />
im Norden der Stadt in Anlehnung an den<br />
nächstliegenden Stadtteil gemeinhin als<br />
Golzheimer Heide bekannt. Wenig später,<br />
Mitte der 1930er Jahre, entstehen hier<br />
gleich zwei städtebauliche Mustersiedlungen<br />
nach nationalsozialistischen Vorstellungen:<br />
die Wilhelm-Gustloff-Siedlung und<br />
die Schlageter-Siedlung. Die norddeutschdörfliche<br />
Anmutung ihrer reichbegrünten<br />
Straßenzüge mit den weißgeschlämmten<br />
Backsteinhäusern samt freundlichen<br />
Sprossenfenstern wird zu Beginn des 21.<br />
Jahrhunderts vor allem beim gehobenen<br />
Düsseldorfer Mittelstand geschätzt werden.<br />
<br />
Albert Leo Schlageter wurde am 12. August 1894 als sechstes von elf Kindern<br />
einer Bauernfamilie in Schönau im<br />
Schwarzwald geboren. Die Schulzeit auf<br />
einem katholischen Freiburger Gymnasium<br />
endete im August 1914 jäh: Nahezu<br />
vollständig meldeten sich die Freiburger<br />
Studenten und Oberschüler freiwillig<br />
zu den Waffen. Schlageter legte das Notabitur<br />
ab und trat als Kriegsfreiwilliger in<br />
das Feldartillerieregiment 76 ein. Ab März<br />
1915 bis 1918 blieb er an der Westfront<br />
(➞ ''[[Langemarck]], [[Verdun]]'') eingesetzt und<br />
erhielt beide Klassen des Eisernen Kreuzes.<br />
<br />
Nach dem Waffenstillstand vom November<br />
1918 kehrte seine Batterie in das revolutionäre<br />
Deutschland zurück und verweigerte<br />
dort die Bildung eines Soldatenrates<br />
ebenso wie ihre Entwaffnung. Nach der<br />
Entlassung aus dem Heeresdienst schlug<br />
Schlageter zunächst den Weg ins bürgerliche<br />
Dasein ein. Er immatrikulierte sich<br />
an der volkswirtschaftlichen Fakultät der<br />
Universität Freiburg und trat einer katholischen<br />
Studentenverbindung bei. Doch<br />
schon bald betätigte er sich in verschiedenen<br />
Freikorps, die im Baltikum zur Abwehr<br />
bolschewistischer Truppen aus Rußland,<br />
in Oberschlesien (➞ ''[[Annaberg]]'') zur<br />
Verteidigung der verbliebenen Ostgrenze<br />
gegen Polen, im Westen zur Niederschlagung der Spartakusaufstände eingesetzt<br />
wurden. Die mangelnde Unterstützung der<br />
Reichsregierung für die Baltikumfreiwilligen<br />
und ihre zeitweilige Ausnutzung im<br />
Interesse der antibolschewistischen Interventionspolitik<br />
Englands desillusionierten<br />
Schlageter. Überliefert sind von ihm folgende<br />
Worte: »Wir verachten das Bürgertum<br />
und retten es doch mit unserem Blut.<br />
Wir sind angetreten, um die Freiheit der<br />
Nation zu sichern, und schützen eine Regierung,<br />
die das Volk und die Nation verraten<br />
hat.« Der Weg für den »Wanderer ins<br />
Nichts« (Karl Radek), so scheint es beinahe,<br />
hatte den letzten Abzweig genommen.<br />
<br />
Daß die Reichsregierung unter alliiertem<br />
Druck die Auflösung der Freikorpsverbände<br />
anordnete, bestärkte Schlageter<br />
angesichts der Zustände im Reich und der<br />
Folgen von ➞ [[Versaille]]s in seiner grundsätzlichen<br />
Ablehnung der neuen Ordnung.<br />
So war er dabei, als sich im Oktober 1922<br />
die Nationalsoziale Vereinigung als norddeutsche<br />
Vorfeldorganisation der NSDAP<br />
gründete und sich nach dem bald darauf<br />
erfolgten Verbot als Großdeutsche Arbeiterpartei<br />
reorganisierte.<br />
<br />
Als Schlageter Ende Februar 1923 ins<br />
Rheinland kam, hatte sich auch hier die<br />
Versorgungslage merklich verschlechtert.<br />
Städte wie Köln und Düsseldorf wurden<br />
durch die Absperrung im Ruhrkampf wirtschaftlich<br />
hart getroffen. Der enorme Anstieg<br />
der Arbeitslosigkeit und die harten<br />
Besatzungsmaßnahmen reizten die Stimmung<br />
in der Bevölkerung, zugleich wuchs<br />
der Resonanzraum für nationale Emotionen.<br />
Freikorpskämpfer und Kommunisten<br />
kämpften einträchtig gegen Besatzer<br />
und deutsche Kollaborateure, während die<br />
Reichsregierung lediglich »passiven Widerstand<br />
« propagierte. So geriet Schlageter<br />
zwischen die Fronten. Nach erfolgreichen<br />
Sprengstoffanschlägen am Essener<br />
Bahnhof Hügel und auf die Eisenbahnbrücke<br />
bei Kalkum kamen die Franzosen Schlageter<br />
durch eingeschleuste Verbindungsleute<br />
auf die Spur. Am 7. April wurde er in<br />
Essen verhaftet. Das französische Kriegsgericht<br />
machte kurzen Prozeß. Zwar versuchten<br />
die Verteidiger noch, das Urteil zu<br />
mildern, doch ihre Revisionsanträge – unterstützt<br />
durch die Medien sowie die Kirchen<br />
im Reich, selbst die Reichsregierung<br />
protestierte formal in Paris – wurden abgewiesen.<br />
Der Leichenzug geriet zur nationalen<br />
Protestkundgebung gegen die<br />
Ruhrbesetzung und den rheinischen Separatismus.<br />
Demonstrativ nahm Adolf Hitler<br />
(➞ ''[[München – Feldherrnhalle]]'') an der<br />
Beisetzung Schlageters im heimischen<br />
Schönau<br />
teil, obwohl Schlageter offenkundig<br />
gegen die Maßgabe der NS-Führung,<br />
sich nicht am Ruhrkampf zu beteiligen,<br />
verstoßen hatte.<br />
<br />
Auch die Kommunisten versuchten<br />
sich an der Vereinnahmung Schlageters.<br />
Am 21. Juni 1923 würdigte Karl Radek vor<br />
dem Dritten Plenum des Exekutivkomitees<br />
der Kommunistischen Internationale den<br />
Kampf Schlageters gegen die französische<br />
Besatzungsherrschaft und löste damit eine<br />
zwischenzeitliche Kontroverse innerhalb<br />
der KPD über das Verhältnis zur nationalrevolutionären<br />
Rechten aus, die Schlageter<br />
für sich reklamierte. Friedrich Georg Jünger<br />
läßt sein Gedicht »Albert Leo Schlageter<br />
« mit dem Satz enden: »O Bruder du, am<br />
Pfahl dahingesunken, / du legtest sterbend<br />
unsrer Zukunft Schwellen«. Die nationale<br />
Verklärung Schlageters wurde allerdings<br />
vom Bürgertum übernommen, das in den<br />
Folgejahren mehr als 100 Gedenkstätten im<br />
Reich errichtete – die man nach dem Krieg<br />
fast vollständig wieder abräumte.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Friedrich Georg Jünger: ''Albert Leo Schlageter'', in: Ernst Jünger (Hrsg.): ''Die Unvergessenen'', München 1928.<br />
* Ernst von Salomon: ''Das Buch vom deutschen Freikorpskämpfer'', Berlin 1938.<br />
<br />
{{Autor|Gerald Franz}}<br />
<br />
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