https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Betrachtungen_eines_Unpolitischen&feed=atom&action=historyBetrachtungen eines Unpolitischen - Versionsgeschichte2024-03-29T01:02:39ZVersionsgeschichte dieser Seite in Staatspolitisches Handbuch im NetzMediaWiki 1.32.0https://wiki.staatspolitik.de/index.php?title=Betrachtungen_eines_Unpolitischen&diff=405&oldid=prevAdmin: Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Betrachtungen eines Unpolitischen''', :Thomas Mann, Berlin: Fischer 1918. Wenn man als Minimalkonsens der »Ideen von 1914« die Vorstellung von einem »M…“2016-12-14T20:47:04Z<p>Die Seite wurde neu angelegt: „:'''Betrachtungen eines Unpolitischen''', :Thomas Mann, Berlin: Fischer 1918. Wenn man als Minimalkonsens der »Ideen von 1914« die Vorstellung von einem »M…“</p>
<p><b>Neue Seite</b></p><div>:'''Betrachtungen eines Unpolitischen''',<br />
:Thomas Mann, Berlin: Fischer 1918.<br />
<br />
Wenn man als Minimalkonsens der »Ideen<br />
von 1914« die Vorstellung von einem »Militarismus<br />
mit wirklicher Volksmitbestimmung<br />
« verstehen darf, dann hat diese<br />
Position ihre glänzendste Verteidigung<br />
in Thomas Manns ''Betrachtungen eines Unpolitischen'' gefunden. Das im Herbst 1918<br />
erschienene Buch entwickelte in letzter<br />
Stunde noch einmal die deutsche Position<br />
mit der Entgegensetzung von »Kultur«<br />
und »Zivilisation«, »Mitte« und »Westen«,<br />
»Musik« und »Literatur«.<br />
<br />
Die ''Betrachtungen'' haben allerdings gegenüber<br />
Manns früherer Parteinahme im<br />
»Kulturkrieg« schon einen leicht resignativen<br />
Unterton. Von der Erwartung einer<br />
neuen Synthese aus Macht und Geist, von<br />
der Vorstellung, daß der Weltkrieg »der<br />
Bringer seines Dritten Reiches« sein werde,<br />
hatte er sich deutlich entfernt. Mann<br />
hielt zwar daran fest, daß der Krieg den<br />
Materialismus der Friedenszeit zerstört<br />
und ein neues Gemeinschaftsbewußtsein<br />
geschaffen habe, er gab auch seiner Genugtuung<br />
über den Separatfrieden mit<br />
Rußland und der Fortsetzung des Kampfes<br />
gegen den »Westen« als ideologischen<br />
Hauptfeind Ausdruck, aber selbst für den<br />
Fall eines Sieges hielt er die Selbstbehauptung<br />
der deutschen Eigentümlichkeit für<br />
unwahrscheinlich.<br />
<br />
Man kann das besonders deutlich an<br />
Manns Auseinandersetzung mit der »Demokratie<br />
« des »Westens« erkennen, deren<br />
»doktrinäre Verlogenheit« ihm zuwider<br />
war, deren Sieg er aber als zwangsläufig<br />
betrachtete. Das äußerste, was er erhoffte,<br />
war eine spezifisch deutsche Form des<br />
»Volksstaates«, aber auch die würde dem<br />
demokratischen Modell sehr weitgehend<br />
entsprechen.<br />
<br />
Was seine eigene – als konservativ deklarierte<br />
– Position angeht, so nahm er<br />
eine breite Überlieferung in Anspruch,<br />
von den Klassikern (Edmund Burke, Adam<br />
Müller) bis zu den Neukonservativen (Fjodor<br />
M. Dostojewski, Paul de Lagarde), unter<br />
Einbeziehung aber auch der Deutschen Bewegung<br />
von Goethe bis Nietzsche, die man<br />
in der Vorkriegszeit kaum als »konservativ<br />
« bezeichnet hätte. Allerdings schwankte<br />
Mann zwischen der Sorge, »vielleicht<br />
eine abgelebte Idee« zu vertreten, und der<br />
Erwartung, daß der Konservatismus durch<br />
den Krieg eine Stärkung erfahre. »Dieses<br />
Ja-und-doch-Nein ist mein Fall«, heißt es<br />
an einer Stelle. Was Mann selbst als ironische<br />
Gebrochenheit seines Konservatismus<br />
bezeichnet, was Wechselspiel von<br />
Parteinahme und Infragestellung der Parteinahme<br />
erklärt und zu der von Mann<br />
konzedierten »Unlesbarkeit« des Buches<br />
beiträgt, kann doch nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
daß die ''Betrachtungen'' durchaus<br />
als eine politische Stellungnahme und in<br />
gewissem Sinne als erste Programmschrift der Konservativen Revolution verstanden<br />
werden müssen. Mann selbst hat diesen<br />
Begriff zwar nicht in den Betrachtungen,<br />
aber in einem Aufsatz von 1921 im Sinn<br />
eines »geistigen« Konservatismus, unter<br />
Berufung auf Nietzsche und in der Abwehr<br />
gegen die »positivistisch-liberale Aufklärung<br />
«, verwendet.<br />
<br />
{{Zitat|Fort also mit dem landfremden und abstoßenden Schlagwort »demokratisch«! Nie wird der mechanisch-demokratische Staat des Westens Heimatrecht bei uns erlangen.<br />
Man verdeutsche das Wort, man sage »volkstümlich« statt »demokratisch« – und man nennt und erfasst das genaue Gegenteil: denn deutsch-volkstümlich, das bedeutet »frei« – nach innen und außen, aber es bedeutet nicht »gleich« – weder nach innen noch außen.}}<br />
<br />
Die Zustimmung zu den ''Betrachtungen''<br />
war groß und blieb auch über das Kriegsende<br />
hinaus erhalten. Für die Ausgabe von<br />
1922 entschärfte Mann die ''Betrachtungen'',<br />
indem er einige Stellen strich. Er nahm jedoch<br />
Kontakt zu einzelnen Protagonisten,<br />
Gruppen und Zeitschriften auf, die für die<br />
Geschichte der Konservativen Revolution<br />
eine bedeutende Rolle spielen sollten. Seine<br />
eigenen politischen Überlegungen in<br />
der ganzen Übergangszeit zwischen dem<br />
Herbst 1918 und dem Herbst 1923 waren<br />
geprägt von Ideen, die in diesen Zirkeln<br />
diskutiert wurden. Auch die »Zwiespältigkeit<br />
«, das Schwankende in der Beurteilung<br />
der Vorgänge, deren Zeuge er wurde,<br />
war typisch: das Hin und Her zwischen der<br />
Annahme, daß der Umsturz notwendig gewesen<br />
sei, und der Aversion gegen diejenigen,<br />
die ihn gemacht hatten, zwischen der<br />
Trauer um die alte Machtstellung Deutschlands<br />
und der Idee einer neuen Weltmission,<br />
zwischen der Angst vor der Sowjetmacht<br />
und der Sympathie für einen<br />
»National-Bolschewismus«, zwischen der<br />
Vorstellung, daß der Kapitalismus sich<br />
überlebt habe, und der Verteidigung des<br />
Vorrangs von Bildung und Besitz, zwischen<br />
der Hoffnung, die Tradition in einer<br />
neuen<br />
Form bewahren zu können, und der Bereitschaft<br />
zu einem radikalen Neuanfang,<br />
zwischen der Annahme, daß der »Westen«<br />
gesiegt habe, und dem Glauben, daß die<br />
Deutschen berufen seien, »›etwas Neues in<br />
politicis zu erfinden‹ und zwar etwas Deutsches<br />
«.<br />
<br />
== Ausgabe ==<br />
*Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Bd. 13.1, Frankfurt a. M.: Fischer 2009.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Thomas Mann: ''Betrachtungen eines Unpolitischen'', Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Bd. 13.2, Kommentar von Hermann Kurzke, Frankfurt a. M. 2009.<br />
* Armin Mohler/Karlheinz Weißmann: ''Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932''. Ein Handbuch, 6. erweiterte und vollständig neu bearbeitete Auflage, Graz 2005.<br />
<br />
{{Autor|Karlheinz Weißmann}}<br />
<br />
{{SEITENTITEL:''Betrachtungen eines Unpolitischen''}}<br />
{{SORTIERUNG:Betrachtungen eines Unpolitischen}}<br />
<br />
[[Kategorie:Werk]]</div>Admin