Berlin – Zeughaus

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Das Zeughaus erhebt sich an der Straße Unter den Linden, zwischen Schloßbrücke und dem geplanten Forum Fridericianum, gegenüber der ehemaligen Schloßanlage, an prominenter Stelle im brandenburggisch-preußischen Berlin. Mit dessen Geschichte war es über mehr als zwei Jahrhunderte eng verknüpft. Schon der Große Kurfürst hatte den Entschluß gefaßt, ein entsprechendes Gebäude zur Aufbewahrung von Waffen und Ausrüstung einerseits, zu Repräsentationszwecken andererseits zu errichten. Aber erst unter seinem Sohn Friedrich III. – als König in Preußen Friedrich I. – kam das Projekt zur Ausführung. Sehr stockend, muß man hinzufügen, behindert durch den raschen Wechsel der Baumeister, die notorische Finanzknappheit des Staates und die Fehler, die bei der Errichtung gemacht worden waren und die immer wieder zu Unterbrechungen zwangen. Erst 1736, unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., konnte das Zeughaus seiner Bestimmung übergeben werden. Dem Geist dieses Herrschers entsprechend, war das Innere nur noch einfach und zweckmäßig gestaltet worden, im deutlichen Kontrast zur Pracht der äußeren Fassade, die sich dem Geschmack seines Vaters verdankt.

Seine eigentliche Funktion erfüllte das Zeughaus im Grunde nur bis zur Revolution von 1848 (➞ Frankfurt), als es von Aufständischen gestürmt wurde. Unter Wilhelm I. (➞ Kyffhäuser) fand die Umwandlung in ein Museum der preußischen Geschichte statt, dem eine bedeutende militärhistorische Sammlung angegliedert war. Zwar änderte sich der weltanschauliche Akzent in der Folge mehrfach, aber bei dieser Art von Nutzung blieb es. Die DDR machte das Zeughaus sogar zum Sitz des zentralen »Museums der deutschen Geschichte«, und nach der Wiedervereinigung führte man diese Linie fort, wobei die Art und Aussagetendenz der Sammlung selbstverständlich deutlich verändert wurden.

Moeller van den Bruck geht in seinem Buch Der preußische Stil nur kurz auf das Zeughaus ein, eben weil es noch nicht »preußischer Stil« war, sondern zu dessen Vorbereitungsphase gehörte: ein fast quadratischer Bau von etwa neunzig Metern Seitenlänge, über zwei Stockwerke mit strenggegliederter Fassade in einem an französischen und englischen Vorbildern orientierten, klassizistischen Barock errichtet. Wenn Moeller überhaupt darauf zu sprechen kommt, dann weil Andreas Schlüter eine gewisse Bedeutung als Baumeister des Zeughauses hatte, und der gab dem Haus »diesen leidenschaftlichen Schmuck von Fabelhelmen und Kriegerköpfen, in denen die Träume der Furia adormenta wie über einem nordischen Schlachtfelde zu mythischen Visionen versteinten und auf bärtigen und blutenden Gesichtern, Antlitzen von Römerkämpfern, Völkerwanderungsstürmern und Landsknechten, in schrecklicher Wahrheit zum entwesten Gleichnis wurden.«

Die »schreckliche Wahrheit«, von der da die Rede ist, bezieht sich auf die Köpfe (manchmal fälschlich »Masken«) der sterbenden Krieger im Innenhof des Zeughauses. Schlüter hat hier im Gegensatz zu den phantastischen Prunkhelmen an der Außenfassade insgesamt zweiundzwanzig Reliefs entworfen, die als Schlußsteine der Rundbogenfenster dienen und die Gesichter von Männern im Todeskampf zeigen. Neuerdings wird behauptet, daß es sich ebenfalls um Trophäen handele, also die besiegten Feinde, die bezogen werden sollten auf ein Reiterstandbild Friedrichs I., das ursprünglich in der Mitte des Innenhofes aufgestellt werden sollte – ein Projekt, das allerdings nie zur Ausführung kam. Überzeugend wirkt diese Interpretation allerdings nicht, denn zu offensichtlich spiegeln sich Angst, Schmerz, Verzweiflung oder stumme Ergebung auf den Gesichtern, als daß der Betrachter mit der gebotenen Eindeutigkeit auf die Vorstellung von einem gerechten Triumph hingelenkt werden könnte.

Literatur

  • Isolde Dautel: Andreas Schlüter und das Zeughaus in Berlin, Petersberg 2001.
  • [Arthur] Moeller van den Bruck: Der preußische Stil, München 1922.
  • Heinrich Müller: Das Berliner Zeughaus. Vom Arsenal zum Museum, Berlin 1994.
Der Artikel wurde von Karlheinz Weißmann verfaßt.