Bad Frankenhausen – Bauernkriegspanorama

Aus Staatspolitisches Handbuch im Netz
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Die letzte Bauernschlacht bei Frankenhausen am 25. Mai 1525 (1858)
Blick auf Bad Frankenhausen
Panorama Museum

Der silbrig schimmernde Rundbau thront über Bad Frankenhausen, als ob dort ein Ufo gelandet wäre. Völlig unorganisch fügt sich das Gebäude in die Landschaft ein und bezieht doch gerade daher seinen Reiz. Von Ferne wirkt es befremdlich und monumental, wie es da auf dem Schlachtberg steht. Daß eine solche Erscheinung für Spott sorgen muß, liegt nahe (die Bewohner nannten das Gebäude angeblich »Elefantenklo«), Ergriffenheit will sich zunächst nicht einstellen. Steht man unmittelbar davor, bleiben die Ausmaße beeindruckend und der stalinistisch anmutende Unterbau fügt sich nahtlos ins Bild.

Im Innern geht es zunächst nüchtern zu; auch das Bauernkriegspanorama hat seinen Museumsshop und ein Restaurant. In die Rotunde mit dem eigentlichen Panorama, der das Gebäude seine Form verdankt, führen zwei breite Treppen. 123 Meter lang und 14 Meter hoch ist die Leinwand, die den Besucher umgibt und auf der sich das Bauernkriegspanorama abspielt. Geschaffen hat es der Leipziger Maler Werner Tübke in den Jahren 1976 bis 1987 im Auftrag der DDR, die damit einen zentralen Ort ihrer sozialistisch-deutschen Identität schaffen wollte und dazu den Deutschen Bauernkrieg in die Pflicht nahm. Der Ort wurde dabei ganz bewußt gewählt, da auf dem Weißen Berg bei Frankenhausen die letzte Schlacht dieses Krieges geschlagen wurde.

Seit 1524 war es vor allem in Südwestdeutschland zu verschiedenen Bauernaufständen gekommen, die sich hauptsächlich auf soziale Mißstände bezogen und bald auch auf andere Landesteile, u. a. Thüringen, Übergriffen. Durch die Reformation hatten die Kämpfe eine religiöse bzw. weltanschauliche Dimension. Die Bauern stritten nicht nur für die Verbesserung ihrer Lage, sondern auch gegen den falschen Glauben der Amtskirche, was sich in zahlreichen Plünderungen von Klöstern und Kirchen niederschlug. Da die Kirche auch als weltlicher Lehnsherr fungierte, kam es zu einer Überschneidung der Motive, die sich insbesondere mit der Person Thomas Müntzers in Verbindung bringen läßt. Dieser war Pfarrer in Mühlhausen und ursprünglich ein Anhänger Luthers (Wartburg), sagte sich von diesem aber am Beginn der Bauernkriege los und setzte sich für die gewaltsame Befreiung der Bauern ein.

Ende April 1525 hatte sich Frankenhausen zu einem Zentrum der thüringischen Bauernerhebung entwickelt. Zahlreiche aufständische Bauernhaufen hatten sich dort versammelt und wurden durch einen Aufstand in der Stadt unterstützt. Müntzer motivierte die Ansammlung zusätzlich, indem er mit seinem Haufen dazustoßen wollte. Seine Absicht verbreitete sich bis zum Gegner, den mitteldeutschen Anführern der Söldnerheere des Adels, der seine Armee ebenfalls bei Frankenhausen versammelte. Müntzer hielt durch drakonische Strafen für Abweichler die Moral der Truppe aufrecht und sah, als in seiner letzten Predigt ein Regenbogen erschien, sein Handeln (Müntzers Haufen führte die Regenbogenfahne) durch Gottes Fingerzeig gerechtfertigt. Am 15. Mai 1525 kam es auf dem Weißen Berg bei Frankenhausen zur Entscheidungsschlacht des Bauernkrieges, welche mit der totalen Niederlage der Bauern endete, die einen extrem hohen Blutzoll zahlen mußten. Müntzer wurde hingerichtet, und der Bauernkrieg war in Mitteldeutschland beendet. Der Berg wird seitdem Schlachtberg genannt.

Die Bauernkriege gehörten lange nicht zum offiziellen Geschichtsbild der Deutschen. Mit dem Aufkommen der Sozialdemokratie und ihrer Vorläufer gab es allerdings Bedarf an alternativen Geschichtsmythen, die eine eigene Tradition gegenüber staatlich-offiziellen begründen konnten. Der Theologe und Literat Wilhelm Zimmermann stellte den Bauernkrieg in den 1840er Jahren ins Zentrum einer dreibändigen Arbeit und interpretierte ihn als Freiheitskampf. Von Marx und Engels dankbar aufgenommen, gehört der Bauernkrieg seitdem zum festen Repertoire sozialistischer Geschichtsschreibung und hat als Teil der »frühbürgerlichen Revolution« seinen Platz in der Geschichte der Umsturzversuche.

Die DDR hatte als künstlicher deutscher Reststaat ein besonderes Interesse, geschichtliche Ereignisse mythologisch zu überhöhen, um daraus eine sozialistisch-deutsche Identität formen zu können. Als das 450. Jubiläum der Schlacht bei Frankenhausen anstand, beschloß man daher, dort eine zentrale Erinnerungsstätte zu schaffen, die zum 500. Geburtstag Thomas Müntzers eröffnet werden sollte. Es ist dem Maler Werner Tübke zu verdanken, daß daraus kein Ort des sozialistischen Realismus wurde, sondern ein einmaliges und über das Ende der DDR hinaus gültiges Kunstwerk. Er hatte sich vertraglich völlige Freiheit bei der Auftragsausführung seines Gemäldes »Frühbürgerliche Revolution« zusichern lassen. Unterstützt von zahlreichen Helfern, brauchte Tübke über fünf Jahre, um das Werk auf die Leinwand (der größten jemals in einem Stück gewebten) zu bringen. Das rundumlaufende und somit anfang- und endlose Gemälde hat eine Größe von 1722 Quadratmetern.

Das Bild ist im Stil der Alten Meister gehalten und stellt mehr eine Gesamtschau der Renaissance als ein Schlachtgemälde dar. Die Schlacht von Frankenhausen bildet zwar ein zentrales Motiv, auf welches man zuerst blickt (wenn man die linke Treppe nimmt), ist aber umgeben von Ereignissen und Personen (es sollen etwa 3 000 zu sehen sein) der Zeit. So entsteht ein einmaliger Kosmos, der durch die Detailfreude an die Bilder von Hieronymus Bosch erinnert und stilistisch an das Werk Albrecht Dürers angelehnt ist. Weltanschaulich hat man in dem Bild oft einen Zug ins Pessimistische oder Fatalistische ausgemacht, was so gar nicht zu der Absicht der Auftraggeber passen wollte. Insofern ist es vielleicht kein Zufall, daß die DDR wenige Wochen nach der feierlichen Eröffnung des Panoramas am 14. September 1989 unterging. Dennoch muß man der DDR für diese Leistung dankbar sein, die sich unter freiheitlich-demokratischen Grundsätzen in diesen Ausmaßen an Zeit und Raum kaum hätte verwirklichen lassen.

Literatur

  • Günther Franz: Der deutsche Bauernkrieg, Darmstadt 1984 (EA1933).
  • Gerd Lindner: Vision und Wirklichkeit. Das Trankenhausener Geschichtspanorama von Werner Tübke, Bad Frankenhausen 2006.
  • Günter Meissner: Werner Tübke - Bauernkrieg und Weltgericht. Das Frankenhausener Monamentalbild einer Wendezeit, Leipzig 1995.
Der Artikel wurde von Erik Lehnert verfaßt.