Berlin – Bendlerblock: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 21. September 2016, 20:06 Uhr

Der wohlhabende Berliner Ratsbaumeister und Kommunalpolitiker Johann Christoph Bendler kaufte im Jahre 1837 ein Areal zwischen dem Tiergarten und dem Floß- oder Schafgraben, dem späteren Landwehrkanal. Dort errichtete der gelernte Maurer mehrere komfortable Villen, und nach Bendlers Tod 1873 wurde die hier entstandene Straße seinem Namen gewidmet.

In dieser Bendlerstraße, inzwischen nicht mehr am Rande Berlins gelegen, erbauten die Architekten Heinrich Reinhardt und Georg Süßenguth zwischen 1911 und 1914 einen Gebäudekomplex für die Nutzung durch die obersten Marinedienststellen des Deutschen Reiches. Reinhardt und Süßenguth hatten sich in Preußen ein großes Renommee durch den Bau von Rathäusern in Charlottenburg, Spandau, Steglitz und Treptow erworben. Auf dem Grundstück an der Königin-Augusta-Straße 38 bis 43 (später Tirpitzufer, heute Reichpietschufer) entstand eine fünfgeschossige Baugruppe mit mehreren begrünten Innenhöfen. Ihre Hauptfront am Landwehrkanal entsprach mit einer strengen Gestaltung im Stil des Neoklassizismus dem Wunsch des Bauherrn nach einer »einfachen, vornehmen, möglichst schmucklosen, aber doch anspruchsvollen Architektur«.

Die Marinebehörden erhielten zur Jahrhundertwende auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. (Doorn, Jerusalem) immer wichtigere Befugnisse, so daß sie ein eigenes Dienstgebäude benötigten. Das Haupthaus am LandwehrldMal war als Dienstsitz für den Staatssekretär im Reichsmarineamt vorgesehen, bis 1916 war das der legendäre Großadmiral Alfred von Tirpitz, Schöpfer der deutschen Kriegsflotte. Die Richtung Osten liegende Gebäudeseite bezog der Admiralstab der Kaiserlichen Marine und den Ostflügel an der Bendlerstraße 14 (heute Stauffenbergstraße) das sogenannte Marinekabinett. Letzteres war dem Kaiser als persönliches Sekretariat für Angelegenheiten der Flotte direkt unterstellt.

Auf den Nachbargrundstücken der Bendlerstraße 10 bis 13, die 1926 vom Staat erworben wurden, entstanden bis 1938 zusätzliche An- und Neubauten nach Entwürfen des Architekten Wilhelm Kreis. Das Oberkommando der Wehrmacht ließ 1938 nach Plänen von Richard Bielenberg und Josef Moser einen zusätzlichen Erweiterungsbau anlegen. Zu jener Zeit erhielt der kastenartige Gebäudekomplex seinen inoffiziellen, aber allgemein gebräuchlichen Namen: »Bendlerblock«.

Den größten Teil des Bendlerblocks an der gleichnamigen Straße nutzten der Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef der Heeresrüstung, General Friedrich Fromm, sowie das Allgemeine Heeresamt im Oberkommando des Heeres unter Führung von General Friedrich Olbricht. Dessen Stabschef wurde im Juni 1944 Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg (Bamberg). Im Bendlerblock waren auch Teile der Seekriegsleitung im Oberkommando der Kriegsmarine sowie die wichtigsten Dienststellen des für Spionage zuständigen Amtes Ausland/Abwehr unter Admiral Wilhelm Canaris untergebracht. Im Amt Ausland/Abwehr entstand 1938 die erste militärische Widerstandszentrale. Eine Gruppe um General Hans Oster plante den Sturz des NS-Regimes. Sie schreckte dabei auch nicht vor eklatantem Landesverrat zurück, indem sie etwa 1940 den Westalliierten die deutschen Kriegspläne gegen Frankreich zuspielte. Oster wurde dafür noch im April 1945 hingerichtet.

Davon unabhängig bildete sich im Ostflügel des Bendlerblocks eine weitere Gruppe von Widerständlern um General Friedrich Olbricht. Sie manipulierte einen Geheimplan mit dem Decknamen »Walküre«, der für die Niederschlagung innerer Aufstände gedacht war. Ihr Ziel bestand darin, nach einer Ermordung Adolf Hitlers (München – Feldherrnhalle) eine sofortige Besetzung aller militärischen und zivilen Schaltstellen durch die Putschisten zu ermöglichen. Am 20. Juli 1944 versammelten sich im Bendlerblock nach dem Stauffenberg-Attentat die führenden Männer des Aufstandsversuches, darunter der ehemalige Generalstabschef Ludwig Beck und der entlassene Generaloberst Erich Hoepner. Bereits am Abend scheiterte das Unternehmen an der Unentschlossenheit vieler Verschwörer und an der ablehnenden Haltung der einzelnen Wehrmachtteile. In der Nacht zum 21. Juli ließ General Fromm Stauffenberg und drei seiner Mittäter erschießen, Beck wurde zum Selbstmord genötigt (Berlin – Plötzensee).

Zum Gedenken an die Widerständler des 20. Juli wurde 1953 im großen Innenhof des Bendlerblocks ein Ehrenmal errichtet. Es handelt sich um eine von dem schon zu NS-Zeiten hochgeschätzten Bildhauer Richard Scheibe entworfene Bronzefigur, die einen jungen Mann mit gefesselten Händen darstellt. Dazu gehört auch die Inschrift: »Ihr trugt die Schande nicht, Ihr wehrtet Euch, Ihr gabt das große ewig wache Zeichen der Umkehr, opfernd Euer heißes Leben für Freiheit, Recht und Ehre!«

1955 erfolgte die Umbenennung der Bendlerstraße in Stauffenbergstraße, und fünf Jahre später wurde im Ehrenhof eine Gedenktafel angebracht, welche die Namen der 1944 hier erschossenen vier Offiziere trägt. Nach der Entscheidung des Bundestages für Berlin als deutsche Hauptstadt nutzt das Verteidigungsministerium den Bendlerblock seit September 1993 als zweiten Dienstsitz. Hier befindet sich auch eine 2009 eingeweihte zentrale Gedenkstätte für die Gefallenen der Bundeswehr.

Literatur

  • Der Bendlerblock, hrsg. von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin 2011.
  • Denkmale in Berlin. Reichsmarineamt mit Gedenkstätte für die Opfer des 20. Juli 1944 und Ehrenmal im Hof & Bendlerblock, hrsg. von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin o. J.
Der Artikel wurde von Jan von Flocken verfaßt.