Die Abschaffung des Menschen

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Die Abschaffung des Menschen. (engl. The Abolition of Man, or Reflection on education with special reference to the teaching of English in the upper forms of schools, Oxford 1943)
C. S. Lewis, Freiburg: Johannes Verlag Einsiedeln 1979.

Clive Staples Lewis ist hauptsächlich als Autor von Fantasy-Kinderbüchern, vor allem durch die zuletzt verfilmte Narnia-Reihe, populär geworden. Weniger bekannt ist dagegen seine Bedeutung als philosophischer und theologischer Gegenaufklärer und seine Zugehörigkeit zu jenen christlichen konservativen Revolutionären Großbritanniens, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Kampf gegen die intellektuelle Herrschaft der Linken führten. Lewis verteidigte die Aussagen der christlichen Tradition gegen ihre verbreitete Infragestellung durch einen sich aufklärerisch gebärdenden Positivismus und erlangte schon zu Lebzeiten Bekanntheit als begnadeter Popularisator christlicher Apologetik.

Zu diesem Zweck entwickelte Lewis eine Generalkritik der aufklärerischen Erkenntnistheorie, die er am eingängigsten in drei zusammenhängenden Vorträgen über die »Abschaffung des Menschen« darstellte. An einem konkreten Beispiel zeigte Lewis in allgemeinverständlicher Sprache, worauf es ihm ankam: Die letzten Prinzipien der Ethik und die Vernunft selbst sind nicht ableit- oder begründbar, weil auf ihnen jede Ableitung oder Begründung basiert. Das allein widerlegt den in der Aufklärung angelegten naturalistischen Standpunkt, der die gesamte Wirklichkeit auf der Basis von physikalischen Kausalverknüpfungen beschreiben zu können behauptet. Die damit verbundene Reduzierung der Wirklichkeit auf empirisch Faßbares entzieht sich selbst den Boden, weil sie in ihrer Konsequenz die Gültigkeit der Vernunft bestreitet. Wenn das menschliche Denken nichts anderes als eine Bewegung von Neuronen im Gehirn sei, dann können die Ergebnisse des menschlichen Denkens unmöglich richtig im Sinne einer Erfassung von Wirklichkeit sein. Ein solches Denken aber, das die Gültigkeit des Denkens selbst in Zweifel zieht, ist sinnlos und führt zur Selbstabschaffung der Vernunft.

Aber nicht nur die Vernunft schafft sich durch das aufklärerische Programm selbst ab, sondern auch der Mensch. Die Ursache dafür ist laut Lewis, daß es dem aufklärerischen Naturalismus gar nicht um Erkenntnis geht, sondern um Macht durch Naturbeherrschung. Dazu muß alles nicht empirisch Faßbare in seiner Existenz bestritten oder in die menschliche Subjektivität verlagert werden. Übrig bleibt als Rest nur noch die bloße Natur, die dann zur eigentlichen und ausschließlichen Realität erklärt wird. Der Mensch, solchermaßen ebenfalls zur Natur erklärt, schafft sich damit selbst als Mensch ab. Das wiederum, so Lewis, führt geradewegs in den Totalitarismus.

»Es führt zu nichts, die Ersten Prinzipien »durchschauen« zu wollen. Wenn man durch alles hindurchschaut, dann ist alles durchsichtig. Aber eine vollständig durchsichtige Welt ist unsichtbar geworden. Wer alles durchschaut, sieht nichts mehr.«

Lewis bot damit eine konservative Kulturkritik, die auch seiner politischen Position entsprach. Das wird an seiner grundsätzlichen Ablehnung des Egalitarismus ebenso erkennbar wie an seiner konkreten Parteinahme gegen den Pazifismus, die Koedukation und die Aufrichtung einer Erziehungsdiktatur mit Hilfe einer Reform des Strafrechts. Wichtiger ist aber die Grundsätzlichkeit, mit der Lewis den Kampf gegen die inkonsequenten Halbheiten der Moderne in der Wahrheitsfrage und ihre fatalen Folgen führte. Dieser Kampf richtete sich nicht nur gegen einen naiven Positivismus, sondern auch gegen den subtileren intellektuellen Unsinn, der sich mit dem linguistic turn bereits abzeichnete und dem wir auch heute noch in Gestalt des Konstruktivismus ausgesetzt sind. Dagegen vertrat Lewis einen essentialistischen Standpunkt, der die Substanz der Dinge und ihre objektive Realität verteidigte und der allein einer konservativen Weltanschauung angemessen ist, die sich nicht in einem heroischen Nihilismus selbst verzehren will.

Ausgabe

  • 6. Auflage, Freiburg: Johannes Verlag Einsiedeln 2007.

Literatur

  • Gisbert Kranz: C.S. Lewis. Studien zu Leben und Werk, Bonn 1974.
Der Artikel wurde von Johannes Ludwig verfaßt.